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Interview mit Katja Schumacher, Managing Director, Lebara Deutschland

"Wir sind in ein Full-MVNO-Setup gewechselt, um echte Unabhängigkeit zu gewinnen"

Katja Schumacher, Managing Director von Lebara Deutschland, über Herausforderungen und Chancen als digitaler Mobilfunkanbieter auf dem deutschen Markt.

Autor: Josefine Milosevic • 19.9.2025 • ca. 5:15 Min

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Katja Schumacher, Managing Director von Lebara Deutschland
© Lebara

Lebara startete in Deutschland 2010 als Ethno-Mobilfunkanbieter, der günstige Minutenkontingente für Sprachanrufe ins Ausland im Telekom-Netz anbot. Seit 2022 fungiert das Unternehmen als MVNO-Anbieter (Mobile Virtual Network Operator) im Telefónica-Netz. Warum der Wechsel des Netzpartners?Wir si...

Lebara startete in Deutschland 2010 als Ethno-Mobilfunkanbieter, der günstige Minutenkontingente für Sprachanrufe ins Ausland im Telekom-Netz anbot. Seit 2022 fungiert das Unternehmen als MVNO-Anbieter (Mobile Virtual Network Operator) im Telefónica-Netz. Warum der Wechsel des Netzpartners?

Wir sind ins Telefónica-Netz und in ein Full-MVNO-Setup gewechselt, um echte Unabhängigkeit zu gewinnen. Damit steuern wir Produkte, Preise und Prozesse End-to-End – ohne die Kompromisse eines Reseller-Modells. Das verschafft uns die betriebswirtschaftlichen Hebel, klare und faire Tariflogiken durchzuhalten. Außerdem können wir so ein skalierbares Wachstum ermöglichen und unsere Wettbewerbsfähigkeit im Roaming sowie im Post- und Prepaid-Geschäft zu sichern. Gleichzeitig verkürzen wir unsere Markteinführungszeiten und ermöglichen nahtlose, bevorzugt digitale, Abschlüsse. Ebenso wichtig: Verwaltung und Service passen wir zielgruppengenau an. Durch unser internationales Entwicklernetzwerk übertragen wir erprobte Lösungen aus anderen Märkten schneller nach Deutschland. Genau diese Steuerbarkeit zahlt direkt auf unsere Strategie ein. Vom Anbieter für internationale Kommunikation zum preisgünstigen Allrounder erweitern wir unser Angebot gezielt in den Vertragsmarkt, ohne unsere Prepaid-Stärke aufzugeben. Postpaid kommt on top, Prepaid bleibt fester Bestandteil. So verbinden wir Einfachheit und Transparenz mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis – im Alltag wie auf Reisen. Als Smart Follower mit Substanz setzen wir nicht auf Gimmicks, sondern auf klare Produkte, saubere Prozesse und konsequenten Kundennutzen. Genau damit werden wir als echte Alternative im deutschen Mobilfunk sichtbarer.

Nach der neuen Positionierung hat Lebara einen massiven Schwund von 300.000 Kunden zu beklagen. Woran lag das und wie haben Sie sich den Herausforderungen gestellt?

Die Netzumstellung und der Wechsel ins Full-MVNO-Setup waren für viele Bestandskunden mit spürbaren Reibungen verbunden. Wir sind mit offenen Augen in diesen Schritt gegangen, weil uns bewusst war: Wir müssen diesen Schritt in die Zukunft machen, auch wenn dieser mit kurzfristigen Verlusten einhergeht. Begünstigt wurde der Rückgang durch teilweise nicht korrekt aktualisierte Kundenadressdaten, Sprachbarrieren und phasenweise ausgelastete Servicewege. Mit einer zielgerichteten Antwort auf die Marktanforderungen haben wir unsere Tarife konsequent vereinfacht: ohne jedwede Datenautomatik, mit großzügigem Datenvolumen und einem äußerst wettbewerbsfähigen Roaming-Angebot in über 110 Ländern. Parallel haben wir technische Grundlagen vorbereitet bzw. eingeführt, die im neuen Setup den Unterschied machen; zuletzt etwa VoLTE und eSIM. WiFi-Calling steht nun ersten Kunden ebenfalls bereits zur Verfügung und wird sukzessive weiter ausgerollt. Durch diese notwendigen Bausteine erreichen wir für den Kunden das entscheidende Plus an Qualität und Komfort. Gleichzeitig haben wir Service und Kommunikation neu aufgestellt: verbesserte Ansprache, neue Touchpoints und die App als zentrale Schnittstelle für Buchung, Verwaltung und Support. Unser Ansatz bleibt „Customer First“: Wir priorisieren Maßnahmen mit direktem, erlebbarem Nutzen. So bauen wir Reibungen ab, gewinnen Vertrauen und öffnen uns gezielt breiteren Zielgruppen.

Frau Schumacher, Sie sind seit Oktober 2023 Managing Director bei Lebara. Sie wollen auf dem hiesigen Markt vor allem Vertragskunden generieren. Wie wollen Sie die Marke künftig ausrichten und welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen?

Wir öffnen Lebara bewusst für eine breitere Zielgruppe, indem wir das Vertragskundengeschäft ausbauen und Prepaid weiterhin stark positionieren. Mit klarer Preis-Leistungs-Strategie, digitalem Onboarding und einer konsequent kanalspezifischen Nutzererfahrung. Sichtbarer werden wir nicht nur über Media, sondern vor allem durch Substanz im Vertrieb und in der Umsetzung. Dafür haben wir gezielt E-Commerce-, Pricing- und CRM-Experten an Bord geholt, die unseren Funnel, die Tariflogik und die Kundenbindung verbessern. Stationär setzen wir weiterhin auf die bewährten Alltags-Touchpoints unserer Kunden und wird sukzessive ausgerollt. (Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien, Tankstellen, Handyshops, Paketshops, Kioske, Flughäfen/Bahnhöfe) mit sofortiger Aktivierung und mehrsprachigem Onboarding. Im Service schaffen wir verbindliche Erreichbarkeitsfenster, Erstlösungs-Quoten und App-Self-Service, der wirklich Aufgaben abnimmt: u.a. Tarifwechsel rund um die Uhr, Roaming-Check vor Reisen, aktueller Verbrauchs-Check, Chat, Änderung Adresse und E-Mail-Adresse, Chat, Änderung Bankverbindung und weiterer Zahlungsmethoden.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie für Lebara in den nächsten Jahren angesichts des gesättigten Mobilfunkmarkts?

Die Herausforderungen sind offenkundig: Markendruck und Preiskampf im gesättigten Markt. Aber wir haben als Full MVNO die nötige Unabhängigkeit, um flexibel zu agieren, Produkte schneller einzuführen und Investitionen konsequent am Kundennutzen auszurichten. Gleichzeitig löst das neue Setup alte technische Hürden, die uns in der Vergangenheit eingeengt haben: Mit eSIM, VoLTE und WiFi-Calling sind wir jetzt technisch dort angekommen, wo viele Menschen uns ernsthaft in Betracht ziehen – auch jene, die Lebara früher wegen solcher Limitierungen ausgeschlossen hätten. So wird aus einem vermeintlichen Nachteil eine Chance: Wir schließen eine Lücke, die uns lange gebremst hat, und treten mit einem runderen, moderneren Gesamtangebot auf, das Preis-Leistung, Technik gleichermaßen bedient. Als No-Frills-Anbieter setzen wir bewusst keine Trends, sondern liefern solide Qualität ohne unnötigen Ballast.

Statt auf begrenztes Datenvolumen setzen selbst Mobilfunkdiscounter wie Aldi oder Lidl auf Datenflats. Wie sieht ihre Strategie in Richtung Tarife aus und welche neuen Produkte sind in Planung?

In einer Branche, die oft in Flatrates denkt, suchen wir auch Wert jenseits des Gigabytes. Etwa indem wir echte Einfachheit, klare Vorteile und Vertrauen vermitteln. Viele Menschen wollen keinen Tarifdschungel – sie wollen etwas, das funktioniert, erreichbar ist und hält, was es verspricht. Grundsätzlich orientieren wir uns daher am Kundenwunsch, sprich: Wir versuchen zu verstehen, was der Kunde nachfragt, prüfen, ob und wie wir ihm dies bestmöglich bieten können und erstellen auf dieser Basis ein möglichst transparentes und einfaches Produkt. Einfachheit kennt bei uns keine Landesgrenzen: In einer Zeit, in der viele Roaming-Only-Anbieter aus dem Boden sprießen, liefern wir unseren Kunden das Rundum-Sorglos-Paket inklusive sehr wettbewerbsfähiger Roaming-Pakete. Unser Roaming ist alltagstauglich gedacht: Einfach zubuchbare Travel-Pässe mit festem Daten- und Sprach/SMS-Kontingent, 4 Wochen gültig, enden automatisch und sind in der App oder online buchbar – ideal, wenn Kunden unterwegs genauso erreichbar bleiben möchten wie zuhause, ohne zweite SIM oder Tarifwechsel.

Die Einheiten gelten im Reiseland, für Gespräche nach Deutschland sowie für eingehende Anrufe und sind transparent, ohne unvorhersehbare Roamingkosten. Unterm Strich: über 110 Länder sind abgedeckt. Damit wird weltweite Erreichbarkeit zu einem unkomplizierten Bestandteil des Mobilfunk-Alltags. Solche Lösungen sind Teil unseres Ansatzes, uns vom „Flatrate-Vermarkter“ zum Lösungsanbieter für unsere Kunden zu entwickeln.

Lebara ist international aufgestellt. Welche Rolle spielt kulturelle Vielfalt und Diversität im Unternehmen?

Kulturelle Vielfalt ist bei uns kein Schlagwort, sondern gelebter Alltag. Mehr als 400 Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Nationen arbeiten bei Lebara zusammen. Allein in unserem deutschen Team vereinen wir verschiedenste Kulturen und Sprachen. Genau das macht uns stark, weil wir unterschiedliche Perspektiven verbinden und daraus echte Vorteile für unsere Kunden ziehen. Persönlich macht es mich stolz, eine Marke zu führen, die so viele Menschen und Kulturen an einen Tisch bringt und daraus spürbar Positives entstehen lässt. Wir profitieren zudem stark von unserem internationalen Netzwerk. In allen Lebara-Märkten sammeln wir Erfahrungen, testen Lösungen und übertragen die besten Ansätze nach Deutschland. Dieses Teilen von Wissen beschleunigt uns enorm, etwa beim Ausbau digitaler Journeys oder beim Kundensupport. Diversität heißt für uns auch, den Wandel gemeinsam zu gestalten: mit regelmäßigen All-Hands, Workshops und offenen Feedbackformaten, die allen eine Stimme geben. Und wir engagieren uns auch sozial: Seit 2024 unterstützen wir Projekte der Diakonie, zum Beispiel generationsübergreifende Initiativen, bei denen junge Menschen Älteren bei der Digitalisierung helfen oder gemeinsame Freizeitaktivitäten organisieren. So geben wir das, was uns stark macht – Verbindung über Grenzen hinweg – an die Gesellschaft zurück.