Apple iPad 2017 im Test
Mehr zum Thema: AppleApples neues iPad hat eine abgespeckte Ausstattung, dafür ist es das bisher günstigste Apple-Tablet. Was leistet das iPad 2017 im Test?

Wenn Tim Cook in der Vergangenheit das zum jeweiligen Termin „beste iPad, das es je gab“ vor die Kamera hielt, dachte man: „Was auch sonst? Sie werden es wohl kaum zurück entwickeln.“ Falsch gedacht – denn genau das hat Apple nun getan. Man spricht allerdings auch weder vom besten iPad al...
Wenn Tim Cook in der Vergangenheit das zum jeweiligen Termin „beste iPad, das es je gab“ vor die Kamera hielt, dachte man: „Was auch sonst? Sie werden es wohl kaum zurück entwickeln.“ Falsch gedacht – denn genau das hat Apple nun getan. Man spricht allerdings auch weder vom besten iPad aller Zeiten noch überhaupt allzu viel darüber.
Altes Gehäuse, alte Schwächen
Es ist, als habe man einen neuen Motor in eine alte Karosserie gesteckt: Das Gehäuse des iPad entspricht bis auf die um wenige Millimeter verrutsche Kameraöffnung exakt dem des ersten iPad Air aus dem Jahr 2013. Wer sich ärgerte, dass er dessen Hülle mit dem Air 2 nicht mehr nutzen konnte, weil sie noch keine LED-Aussparung hatte, kann sie jetzt wieder hervorkramen. Selbst der Lichtsensor sitzt wieder an seinem ursprünglichen Platz. Mit dem alten Gehäuse kehren aber auch alte Schwächen zurück – zum Beispiel besagte LED-Absenz. Anders als beim iPad Pro muss man zudem wie früher bemängeln, dass Stereolautsprecher schwerlich Raumklang erzeugen, wenn sie wie jetzt wieder auf der gleichen kurzen Seite dicht nebeneinander sitzen.

Die Hardware ist heuer freilich aktueller: Zwar taktet Apples A9-Chip schwächer als der A9X in den Pro-iPads; Bluetooth 4.2 und der mit dem Air 2 eingeführte Fingerabdrucksensor sind aber ebenfalls an Bord. Und auch die LED-lose Kamera löst jetzt immerhin mit 8 Megapixeln auf wie im Air 2 und nicht mehr nur mit 5 wie beim Vorgänger. Zudem haben Live-Fotos Einzug gehalten, und 1,2-Megapixel-Selfies unter der Straßenlaterne werden nun durch kurzzeitiges Display-Aufleuchten erhellt. Letzteres ist natürlich Software-Sache. Weiters funktionieren auch die geteilte Ansicht „Split View“ für zwei Apps nebeneinander und der Bild-in-Bild-Modus für Videos in einem eigenen kleinen Fenster.
Positiv fällt auch das mit 472 cd/m² hellere Display auf, gegenüber 404 cd/m² beim iPad Air 2 und 422 cd/m² beim Pro 9,7. Es fehlen aber deren Antireflexionsbeschichtung und die Laminierung, ganz zu schweigen vom TrueTone-Display des iPad Pro 9,7. Das neue iPad besitzt lediglich eine fettabweisende Beschichtung – wie bereits anno 2013. Warum Apple sich bei dem Retro-Design nicht wenigstens für das 1,4 Millimeter dünnere iPad Air 2 entschieden hat, ist nicht ersichtlich – die Bauteile werden kaum wieder mehr Platz brauchen. Zumal eins im Test besonders missfiel: Beackert man das Display mit der virtuellen Tastatur, klingt das iPad darunter regelrecht hohl.

Win-win-Situation
Zur Wahl stehen vier Varianten zwischen 399 Euro für das reine Wi-Fi-Tablet mit 32 Gigabyte und 659 Euro für das iPad mit LTE und 128 Gigabyte. Damit ist es 150 Euro günstiger als das vergleichbare iPad Air 2. Dies hat Apple in der 128-Gigabyte-Variante allerdings schon länger aus dem Programm genommen. Das Air 2 wurde inzwischen sogar ganz aus dem Store entfernt; man bekommt es bei Apple allenfalls noch generalüberholt. Damit bleibt als Alternative in 9,7 Zoll nur das iPad Pro. Das kostet allerdings in der Minimalkonfiguration mit 32 Gigabyte ohne LTE bereits 679 Euro.
Wird sich das Low-Budget-iPad verkaufen? Wir glauben: ja. Zum einen kommt der Privatanwender günstiger an ein iPad, dessen Nachteile gegenüber Konkurrenzmodellen dank stets aktueller Software gering bleiben. Zum anderen ergibt sich eine Win-win-Situation zwischen Apple und Geschäftsleuten: Immer weniger Verkäufer zücken noch einen Papierkatalog, wenn ein Artikel nicht im Regal liegt, sondern legen stattdessen ein iPad mit digitalisiertem Sortiment auf den Tresen. In Deutschland schreiben zudem die Finanzämter seit 2017 ein elektronisches Kassensystem vor; viele Gastronomen ersetzen ihre alte Kasse durch ein iPad mit entsprechender Software – und einem virtuellem Raumplan, in dem jedes Bier einfachst dem richtigen Tisch zugewiesen werden kann. LED und Stereoklang spielen hier keine Rolle, sie verteuern die Anschaffung nur überflüssig. Mit dem neuen iPad können Apple als Lieferant und Kunden mit großem Stückzahlbedarf gleichermaßen Investitionskosten sparen. Worauf es im Tagesgeschäft ankommt, zumindest da, wo das iPad beweglich genutzt wird, ist eine gute Ausdauer. Und schau an: die hat sich beim neuen iPad verbessert. Im connect-Ausdauertest lief es über 100 Minuten länger als die iPads Air und Pro 9,7.
Interessanterweise gebraucht Apple übrigens nicht wie andere Hersteller den Zusatz „Light“, sondern nennt es schlicht und selbstbewusst: iPad. Nicht das beste, aber das ausdauerndste und günstigste, das es je gab.