Astell & Kern KANN im Test
Der Astell & Kern KANN vereint einen HiRes-Mobilplayer und einen Kopfhörerverstärker. Im Test zeigt er, wie viel Power in dem kleinen Gehäuse steckt.

Der KANN von Astell & Kern kam pünktlich zum Debüt auf der HIGH-END- Messe in der Redaktion an. Nach den ersten Facts und Fotos im Messe Guide waren wir gespannt, was der KANN in der Praxis draufhat. Schließlich sieht man ihm schon von außen an, dass sich hier ein Mobil-Player und ein KopfhÃ...
Der KANN von Astell & Kern kam pünktlich zum Debüt auf der HIGH-END- Messe in der Redaktion an. Nach den ersten Facts und Fotos im Messe Guide waren wir gespannt, was der KANN in der Praxis draufhat. Schließlich sieht man ihm schon von außen an, dass sich hier ein Mobil-Player und ein Kopfhörer-Verstärker in einem Gehäuse zusammengefunden haben. Je nachdem, welche Seite man betrachtet, werden die Anklänge an die beiden unterschiedlichen Kategorien deutlich.​
Wenn man im Hinterkopf behält, dass sich die bisher getesteten Player des Nobel-Labels von MP3-Pionier iRiver ohnehin durch die Sekundärtugenden von Kopfhörer-Amps auszeichneten, weckt das Design des vergleichsweise dicken, aber perfekt in der Hand liegenden KANN hochgesteckte Erwartungen. Eine erfüllte sich glücklicherweise nicht: Die Rückseite, die mit ihren aus dem Vollen gefrästen Kühlrippen wie eine verkleinerte Leistungs-Endstufe fürs Auto ausschaut, wird im Dauerbetrieb etwas warm, aber nicht heiß. Wer mit dem KANN sein Musikarchiv eine Nummer stilvoller als mit dem iPhone in der Hosentasche herumtragen möchte, wird diesen Umstand zu schätzen wissen.​
KANN überzeugt
Ebenso positiv fiel bei entsprechender Verwendung auf, dass der aus Metall gefräste, leichtgängige Lautstärkeregler nur reagiert, wenn der Display-Button zuvor gedrückt wurde. Verstellen aus Versehen wurde also vorgebeugt. Wer den Player in​ der rechten Hand hält, kann bequem mit dem Daumen den Pegel variieren und kommt mit selbigem Finger ganz einfach in die linke obere Ecke des 4-Zoll-Displays. Linkshänder können die Lautstärkeregelung mit dem Mittel- oder Zeigefinger perfekt erreichen. Nach dem Drehen des Reglers erscheint die grafische Lautstärkeanzeige auf dem Touchscreen und gestattet die Pegeljustage durch Ziehen mit dem Finger. Dass sich Funktionen wie Start/Stop nur über Tasten abrufen lassen, ist nicht ganz konsequent. Der Screen muss vorher ohnehin aktiviert werden, weil anderenfalls die Tasten unter dem Display gegen versehentliches Drücken gesperrt sind.​
Seit unserem Test des AK 300 in der stereoplay 8/16, in dem wir noch stellenweise Kritik an der Software übten, hat Astell & Kern das Bedienkonzept jenseits solcher Kleinigkeiten perfektioniert und zudem nützliche Features wie Streaming via integriertes WLAN aus dem in 16 Bit / 44,1 kHz vorliegenden Vollwertkost-Angebot des Online-Dienstes Tidal.​
Wer seine Songs lieber immer dabei hat, was gegenüber Streaming Energie spart und jenseits von Hotspots ohnehin alternativlos ist, darf sich vor allem über die Fortschritte bei der Hardware freuen. Noch nie besaß ein Astell & Kern ein so großes Fassungsvermögen: Zu seinem fest eingebauten Speicher von 64 GByte kommen zwei weitere Slots für SD bis 512 GByte und microSD bis 256 GByte. Macht insgesamt weltrekordverdächtige 832 GByte.​

Gut fürs Wohnzimmer
Damit konkurriert der KANN ungeachtet seiner zierlichen Abmessungen schon mit stationären Musik-Servern: vor allem, weil man mit ihm direkt rippen kann oder, besser gesagt, könnte. Schließlich hat Astell & Kern kürzlich überraschend seinen AK Ripper aus dem Programm genommen, mit dem Verweis, dass das Zulieferer-Angebot an CD-Laufwerken nichts Passendes mehr hergab. Durch den anhaltenden Protest der Fangemeinde bahnt sich allerdings eine Lösung an. Ein genaues Erscheinungsdatum für den Nachfolger gibt es zwar noch nicht, aber der Vertrieb rechnet fest damit.
Ebenfalls für den stationären Gebrauch prädestinieren den KANN seine separaten Ausgangsstufen für die symmetrischen und asymmetrischen Line-Ausgänge, deren Signale an der analogen Lautstärkeregelung vorbeigeführt werden. Die Kopfhörer-Sektion nutzt eigene symmetrische und asymmetrische Verstärkerzweige für ihre drei- und vierpoligen Klinkenbuchsen.
In der Wandler-Sektion vertraut Astell & Kern auf den AKM AK 4490 DAC des bisherigen Flaggschiffs AK 380. Er verdaut WAVE oder FLAC bis zu 32 Bit und 384 kHz sowie das von der SACD bekannte DSD-Format bis DSD256 nativ.
Hörtest
Natürlich bot bereits der günstige AK 70 für 650 Euro eine Performance weit jenseits der Limits des klanglich weniger ausgeklügelten, zu allem Überfluss dank EU-Beschluss pegelbegrenzten iPhone oder iPod. Aber der KANN war noch einmal eine ganz andere Liga. Ohne Kabelgewirr und umständliche Bedienung bot er jenes Maß an Klangkultur, die sich einem gemeinhin nur mit vergleichsweise sperrigen separaten Kopfhörer-Verstärkern erschließt.
Das Tolle am KANN: Seine besondere Klasse offenbarte sich nicht nur mit Spitzen-Hörern. Selbst den reisefreundlichen, aber klanglich zurückhaltenden Noise-Cancelling-Kopfhörer Bose QC20​ trieb der Astell & Kern zu bemerkenswerten Höhenflügen an. Während der mittpreisige In-Ear an einem Smartphone ungeachtet der Geräuschunterdrückung besser klingt, wenn man seine Aktiv-Elektronik zuschaltet, kehrte sich diesmal der Effekt um: Mit der extrem homogenen, stromstarken Endstufe des Players erreichte er seinen Gipfel im Passivbetrieb und bot ein Maß an Attacke, Basskontur und Homogenität, das man nie für möglich gehalten hätte.
Hochwertigen Hörern wie dem Beyerdynamic DT 1990 verhalf der KANN ebenfalls zu neuen Höhenflügen, zu denen mancher große Kopfhörer-DAC nicht fähig ist. Er verbindet relaxte Neutralität mit traumhafter Auflösung und mächtigem Kick. Er pusht sogar günstige Hörer und MP3/AAC-Files, sofern sie nicht zu stark komprimiert sind. Der KANN ist ein Alleskönner.
Fazit
Mit dem KANN können Kopfhörer bis zu drei Klassen besser klingen als mit Mobil-Playern vom Schlage eines AK 300. Er löst phänomenal auf, spielt laut ohne Aggressivität und garniert natürliche Stimmen mit knackigen Kickbässen.