Dreiwege-Bassreflex-Standbox
Canton Townus 90 im Test: Urbaner Lifestyle
Die Townus 90 ist das Spitzenmodell einer neuen Boxenserie von Canton. Sie richtet sich an Stereo- und Heimkino-Fans und will mit ihrem zeitlosen Chic vor allem moderne, städtische Menschen ansprechen. Lesen Sie unseren Test hierzu.

Taunus ist nicht nur eine regionale Bezeichung. Bis in die späten 60er-Jahre war das hierzulande auch ein Markenname und ein Synonym für Ford-Automobile. Ein „Taunus“ stand damals für Käsewürfel, Sonntagsbraten und Eierlikör in einem – viel bürgerlicher ging’s kaum noch.
Heute nennt der hessische Lautsprecherhersteller Canton seine neueste Produktlinie „Townus“ – ein Wortspiel aus „Taunus“ und „Town“. Das klingt moderner, aber zugleich nach Landidylle und soll besonders urbane Musikfreunde neugierig machen. Wie die Chancen dafür stehen, schauen wir uns anhand der Townus 90 an, einer ausgewachsenen Dreiwege-Bassreflexbox.
Fangen wir beim Äußeren an: Die Canton-Website bezeichnet die Formsprache der Townus als „zeitlos-elegant“. „Zeitlos“ passt allein schon deswegen, weil ihr parallelwandiger Korpus mit den abgerundeten Kanten, der mittels vier Metallkegeln auf einem Sockel thront, einer vormaligen, erfolgreichen Produktlinie entnommen wurde, der Chrono-SL.

„Elegant“ passt ebenfalls ganz gut, da beispielsweise die Treiber schön hinter Alu-Zierringen montiert sind, sodass man keine Schrauben sieht. In der Hierarchie des Weilroder Unternehmens schiebt sich die Townus-Line zwischen die ehemaligen Chrono SL- und Vento-Reihen.
Ihre hochwertigen 174-Millimeter-Treiber mit Doppel-Ferrit-Antrieben für Bässe und Mitteltöner entnahmen die Hessen der gerade abgelösten, höherklassigen Vento-Linie. Es handelt sich dabei um Double-Cone-Membranen aus Titanium und Alu mit dreifach gefalteten Wave-Sicken.
Die Sicken hatte man in Weilrod einst für Subwoofer entworfen. Damit reichlich Bassdruck beim Hörer ankommt, stecken die Treibereinheiten in stabilen Körben aus Glaskugel-bedämpftem Polycarbonat. Zusätzlich haben die Canton-Ingenieure das Gehäuse der Townus 90 nach Mess- und Hördurchgängen intern aufwendig versteift und bedämpft – gute Voraussetzungen für einen Schallwandler, der sich eben auch an Heimkinofreunde wendet.
Nicht zuletzt möchten wir erwähnen, dass bei der schlanken Hessin im Hochton eine bewährte, hochwertige 25-Millimeter-Kalotte aus Aluminium-Keramikoxid spielt. Sie kann bis 40 Kilohertz übertragen.

Hörproben
Nach satter Einspielzeit lauschte der Autor zunächst der Mono-Aufnahme „Love Songs“ von Billie Holiday – sie eignet sich gut, um Boxen optimal aufzustellen. Und bereits hier zeigte die Townus 90 ihr Können: Billie Holidays Gesang klang nicht nur beeindruckend präsent und lebendig, sondern auch nach einem bewegten Leben voller Höhen und Tiefen.
Bei „My Baby Does Me“ von Queen („The Miracle“) schien Freddie Mercurys charismatische Stimme sogar oberhalb der Boxen zu schweben – aber exakt dort, wo sie hingehörte: in der randscharf umrissenen Mitte zwischen den Speakern. Dieser Queen-Track zeigte übrigens auch, dass sich die ungemein linear abgestimmte Canton „eindrucksvolle“ Tieftonüberhöhungen verkniff – und immer nur dann richtig satt klang, wenn es die Aufnahme auch hergab.
Überproduzierte, blutleere Produktionen entlarvte die Canton-typisch nach vorne spielende Townus 90 gnadenlos – eine Schönfärberin ist sie garantiert nicht. Brillant war ihre hohe Pegelfestigkeit, teure Boxen können diesbezüglich nicht unbedingt mehr. Steigerungen sind aber denkbar in puncto Feindynamik, Raumabbildung und Basstiefe.
Die grundehrliche Art der Townus 90 lädt auf Dauer wesentlich zum Langzeithören ein. Ob das am Ende an ihrer Herkunft liegt? Mit dem Townus, pardon: mit dem Taunus beginnt hinterm Frankfurter Großstadtdschungel ja auch eine naturbelassene Landschaft.
Messlabor
Auf Achse super linearer, wellenarmer Frequenzgang sowie horizontal äußerst breite Schallabstrahlung (30-Grad, blau). Oberhalb der Achse (10-Grad, grün) nur leichter, schmalbandiger Einbruch bei 4 kHz. Klar erkennbare Bassreflex-Flanke ohne Bassüberhöhungs-Lieblingsfrequenz; der Port entlastet die Chassis gleichmäßig zwischen 30 und 60 Hz von Hub und emittiert kaum parasitären Schall. Bezogen auf den mittleren Pegel zwischen 0,1 und 4 kHz ergeben sich Grenzfrequenzen von 50/42 Hz sowie 30/35 kHz (-3/-6 dB).

Rechts: Der zwischen 180 und 3200 Hz arbeitende Mitteltöner agiert auch bei hohen Pegeln sehr verzerrungsarm, während die beiden Tieftöner und der Hochtöner jeweils am unteren Ende ihres Übertragungsbereichs oberhalb von 95 dBSPL moderat verzerren. Im Bass werden erst bei 107 dBSPL die AUDIO-Limits für Kompression und Klirr erreicht.
Fazit
Die Townus 90 zeigt, was für 2600 Euro heute alles möglich ist: Sie klingt grundehrlich und fürs Geld beeindruckend groß und detailreich. Hinzu kommen ihre gute Verarbeitung und die zeitlose Optik. All das dürfte nicht nur anspruchsvolle Großstadt-Hipster überzeugen.