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Smartphone-Markt

Blackberry im Marken-Check

Das Business-Image wird Blackberry nicht los - zum Glück! Genau darin liegt die Zukunft des Nischenherstellers.

Autor: Athanassios Kaliudis • 9.7.2013 • ca. 3:30 Min

Blackberry Z10
Blackberry Z10
© Blackberry

Blackberry Gründungsjahr: 1984 Hauptsitz: Waterloo, Kanada CEO: Thorsten Heins Mitarbeiter: 17300 Jahresumsatz: 19,9 Milliarden US-Dollar Produkte: Smartphones, Tablets Verwendetes OS: Blackberry 10 ...

Blackberry

  • Gründungsjahr: 1984
  • Hauptsitz: Waterloo, Kanada
  • CEO: Thorsten Heins
  • Mitarbeiter: 17300
  • Jahresumsatz: 19,9 Milliarden US-Dollar
  • Produkte: Smartphones, Tablets
  • Verwendetes OS: Blackberry 10

Auch wenn das 1984 gegründete Unternehmen mit dem rundum erneuerten Betriebssystem Blackberry 10, den neuen Smartphones Z10 und Q10 und einem neuen Firmennamen (Blackberry statt Research in Motion) von sich reden macht: Ein Mainstream-Smartphone wird den Kanadiern in diesem Leben wohl keines mehr gelingen. 

In der breiten Masse scheint neben den iPhones, Androids und den immer stärker werdenden Windows-Phone-Smartphones einfach kein Platz zu sein für eine Plattform, die wir zumindest hier in Deutschland stark mit "Business" assoziieren. Der aktuelle Marktanteil von Blackberry liegt in Deutschland laut ComScore bei nur 1,8 Prozent; weltweit sind es laut IDC 4,7 Prozent - Tendenz fallend.

Marktanteile Blackberry
Marktanteile Blackberry
© connect

Push ist heute Standard

Lange Zeit hatten die Blackberrys einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz: den E-Mail-Push. Dabei landen neue Mails automatisch, ohne dass zuvor ein Programm gestartet wurde oder die Mails aktiv vom Server geholt werden müssen, auf dem Display - so, wie wir es von SMS gewohnt sind. 

Damit allerdings kann Blackberry heute nicht mehr punkten, denn E-Mail-Push gehört bei Smartphones mittlerweile zum Standard. Auch die Datenkomprimierung war lange Zeit ein Argument für und von Blackberry - in Zeiten von Flatrates ist auch dieses Alleinstellungsmerkmal aufgeweicht.

Den Schwenk hin zu modernen und einfach zu bedienenden Touchscreen-Phones haben die Kanadier - ähnlich wie lange Zeit auch Nokia - einfach nicht richtig hinbekommen. Die markanten Schreibtastaturen bieten zwar den Vorteil, dass sich längere Texte bequem und schnell schreiben lassen, aber auch den Nachteil, dass für das Display vergleichsweise wenig Platz bleibt.

Hinzu kommt ein dickes, im Grunde von Apple verursachtes Problem: die Sache mit den Apps. Zusatzsoftware für Blackberrys gab's zwar schon immer, die Installation derselben lief aber nicht gerade intuitiv. Und so wurde Blackberry im neuen App-Universum erst von Apple, dann auch von Google überstrahlt. Das App-Angebot der Kanadier ist zwar solide, kann aber mit dem von Apple und Google nicht mithalten. 

Um mehr Entwickler zu überzeugen, Apps für Blackberry zu entwickeln, müssen mehr Blackberry-Smartphones her - aktuell laufen lediglich die Modelle Blackberry Z10 und Blackberry Q10 mit Blackberry 10. Somit ist den Kanadiern der Weg in den Massenmarkt aufgrund des momentan noch kaum konkurrenzfähigen App-Angebots mehr oder weniger versperrt.

Blackberry Z10
Blackberry Z10: Für den Touchscreen optimierte Plattform.
© Blackberry

Das Merkel-Phone

Dafür stehen ihnen die Tore in den Nischenmarkt der Businesswelt aber weiterhin sperrangelweit offen - schließlich gelten die Mailserver von Blackberry als die sichersten der Welt. Nicht von ungefähr ist Blackberry seit über einem Jahrzehnt ein geschätzter Partner von Regierungsbehörden. Sowohl Angela Merkel und Co als auch das US-Verteidigungsministerium im Pentagon haben kürzlich das neue Betriebssystem Blackberry 10 abgesegnet und Gerätebestellungen aufgegeben. 

Kanzler-Handy: So simst Merkel ab Juli

Das in Blackberry 10 implementierte System "Balance" ermöglicht es, geschäftliche und private Inhalte vollständig entkoppelt voneinander zu nutzen - für viele Businesskunden ein wichtiges Kriterium. Der aktuelle Trend "Bring Your Own Device" wiederum spricht eher gegen Blackberry.

Wer aber hochsensible Patienten- oder Kundendaten auf seinem Smartphone verwaltet und bearbeitet, der ist mit Blackberry auf der sicheren Seite - besonders im Vergleich mit der offenen Natur der Android-Plattform. 

Blackberry Balance
Blackberry Balance: Trennung von privaten und geschäftlichen Informationen.
© connect

connect-Prognose

Es ist zwar definitiv zu früh, um Blackberry abzuschreiben, doch von einem Befreiungsschlag der Kanadier kann auch keine Rede sein. In den USA wird der Neustart eher flau eingeschätzt, denn obwohl das Z10 weltweit bereits mehr als eine Million Mal über den Tisch gegangen ist, sind Gesamtverkauf und Umsatz des Unternehmens weiter gesunken. 

Mit seinem Mailservice kann Blackberry die Menschen nicht mehr begeistern, die hohe Sicherheit ist da schon eher ein Trumpf. Wenn die Blackberry-Mannen sich darauf fokussieren, bleiben sie in der Nische. Um im Massenmarkt Fuß zu fassen, brauchen sie mehr Geräte sowie mehr und bessere Apps.

Die Plattform: So funktioniert Blackberry 10

Es muss auch die Frage erlaubt sein, ob sich ein Hersteller - wenn er denn nicht gerade Apple heißt und ein starkes Image hat - den Luxus der Exklusivität leisten kann. Blackberry hat bis dato weder sein Betriebssystem noch seine Services für andere geöffnet. Genau wie Apple macht Blackberry alles selbst - von Hardware über Software bis zu den Diensten. Dass sich dies ändern könnte, ist nicht ausgeschlossen. 

Vor einigen Wochen hat Lenovo Interesse an Blackberry angedeutet; Microsoft, Nokia und IBM sollen die Blackberry-Mailserver reizvoll finden. Raum für Interpretationen lässt auch der deutsche Blackberry-Chef Thorsten Heins, der sich für "alle strategischen Optionen" offen zeigt. In welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln wird, ist folglich schwierig einzuschätzen.