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Telekommunikations-Branche

Telekom-CTO im Gespräch

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Seit einem Jahr ist Abdurazak Mudesir Technikchef der Deutschen Telekom. Im Interview mit connect spricht er über die Herausforderungen beim Netzausbau.

Autor: Josefine Milosevic • 23.2.2024 • ca. 6:15 Min

Abdurazak Mudesir - Geschäftsführer Technologie der Telekom Deutschland sowie Chief Technology Officer (CTO) der Deutschen Telekom.
Abdurazak Mudesir - Geschäftsführer Technologie der Telekom Deutschland sowie Chief Technology Officer (CTO) der Deutschen Telekom.
© Deutsche Telekom

Herr Mudesir, Sie sind vor rund einem Jahr als Technikchef der Telekom Deutschland gestartet. Was war bislang Ihre größte Herausforderung?Wenn ich auf die letzten zwölf Monate zurückblicke, standen drei Herausforderungen im Vordergrund: Erstens galt es, die Technik erfolgreich durch eine Zeit de...

Herr Mudesir, Sie sind vor rund einem Jahr als Technikchef der Telekom Deutschland gestartet. Was war bislang Ihre größte Herausforderung?

Wenn ich auf die letzten zwölf Monate zurückblicke, standen drei Herausforderungen im Vordergrund: Erstens galt es, die Technik erfolgreich durch eine Zeit der Polykrisen zu führen, die von Pandemie, Inflation und Krieg geprägt ist. Wie können wir einerseits das Wohlergehen unserer Mitarbeitenden sicherstellen und gleichzeitig zuverlässige Ergebnisse abliefern? Das war und ist keine einfache Aufgabe. An diese Herausforderung schloss sich unmittelbar die zweite an: Wie führe ich „Deutschlands größtes Glasfaser-Startup“ zum Erfolg? Trotz Inflation wollten wir mehr Haushalte an unser Glasfasernetz anschließen als jemals zuvor. Unser klares Ziel war es, sowohl die Anzahl der „Homes Passed“ als auch die sogenannten „Homes Connected“ drastisch zu erhöhen. Auch hier waren wir erfolgreich. Drittens ist es uns ein Anliegen, die Qualität unserer Netze zum Wohle unserer Kundinnen und Kunden kontinuierlich zu steigern. Besonders die Verbesserung der Mobilfunkversorgung auf der Straße und entlang der Schiene ist für mich eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, die wir mit viel Herzblut angehen, jetzt und in Zukunft. Wir machen weiter! Dazu gehört auch, dass wir den Einsatz von Daten und KI beim Netzbetrieb konsequent vorantreiben.

Allein in Ihrem Netz ist der Datenverkehr um 30 Prozent gewachsen. Da ist eine gute Mobilfunkversorgung Pflicht. Die Telekom sucht neuerdings mit Plakaten und Zeitungsanzeigen nach Standorten für Mobilfunkmasten. Was versprechen Sie sich davon?

Neue Standorte für den Mobilfunk zu finden, ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen. Wir brauchen sie aber dringend, weil der Datenbedarf permanent steigt. Deswegen haben wir einen unkonventionellen Weg ausprobiert und im April 2023 in Überlingen zum ersten Mal mit Plakaten und Anzeigen Standorte gesucht. Das hat super funktioniert. Wir haben diverse Angebote für ganz Deutschland bekommen. Durch die Kampagne haben wir in Überlingen vier mögliche neue Mobilfunkstandorte gefunden. Einen davon können wir jetzt direkt realisieren. Aber Überlingen ist überall. Deshalb setzen wir die Plakataktion jetzt in elf weiteren Städten und Kommunen fort. Wir sprechen die Menschen direkt an und freuen uns über jedes Angebot. Bereits in den ersten zwei Wochen der zweiten Aktion sind über 500 Angebote eingegangen, die wir jetzt prüfen.

Telekom Netzetag 2023

Mit dem 5G-Ausbau steigt auch die Bandbreite. Damit die Mobilfunknetze weiterhin leistungsstark bleiben, fordern die Netzbetreiber weitere Frequenzen für Mobilfunk zu öffnen, etwa das UHF-Spektrum, das derzeit der Rundfunk nutzt. Auch die hohe 6-GHz-Frequenz ist heiß begehrt. Warum sehen Sie hier Potenzial?

Das 6-Gigahertz-Band kann hohe Datenraten für 5G transportieren. Das macht es für den Mobilfunk so interessant. Es ist ideal, um auf Basis unseres heutigen 5G-Netzes die Bandbreite vor allem in dichtbesiedelten Gebieten weiter zu erhöhen. In ersten Tests haben wir auch schon erfolgreich die Eignung des 6-Gigabit-Bandes für Mobilfunk bewiesen. Dabei haben wir sogar einen Weltrekord aufgestellt mit einer Spitzengeschwindigkeit von 12 Gigabit pro Sekunde. Insofern ist es wegweisend, dass die Weltfunkkonferenz das Band nun für die mobile Breitbandkommunikation identifiziert und damit den Weg für eine Nutzung durch den Mobilfunk bereitet hat. Zusätzlich wurde auch eine Flexibilisierung des UHF-Bandes beschlossen. Hier muss auf europäischer Ebene diskutiert werden, wie man das Band ab 2030 für den Mobilfunk nutzbar machen kann.

Seit zwei Jahren kooperieren Sie mit der Deutschen Bahn. Über die schlechte Netzversorgung in den Zügen ärgern sich die Fahrgäste aber nach wie vor. Laut eigenen Angaben versorgt die Telekom 97 Prozent aller ICE-Strecken mit bis zu 200 Mbit/s. Wie kommt es dennoch zu den häufigen Netzabbrüchen?

Auch hier ist viel passiert. Allein in 2023 haben wir rund 150 neue Standorte gebaut. Seit Beginn unserer Kooperation haben wir das Surfen im Zug an 5000 Kilometern Bahnstrecke verbessert. Das spiegelt sich auch in den Testergebnissen wider, die uns in diesem Bereich mit Abstand das beste Kundenerlebnis aller Netzbetreiber bescheinigen. Darüber hinaus gibt es einen handfesten Grund dafür, warum das Nutzererlebnis in der Bahn immer noch hinter dem zurückbleiben kann, was das Netz schon längst bietet. In den ICEs sind Scheiben eingebaut, die mit einer hauchdünnen Metallschicht bedampft sind. Das verhindert, dass sich die Züge in der warmen Jahreszeit zu sehr aufheizen. Leider hindert das aber auch die Mobilfunksignale daran, in den Zug zu kommen. Das führt zu der unbefriedigenden Situation, dass an den ICEStrecken fast überall ein sehr gutes Netz ist, das bei den Reisenden im Zug aber nicht immer ankommt. Das Repeatersystem, vor allem die eingebauten Schlitzkabel in den Wagons, weisen einen hohen Störungswert auf. Dies kann dazu führen, dass die passiven Systeme im Zug nicht vollumfänglich funktionieren. Die Bahn hat das Problem auch schon erkannt und begonnen, in den ersten Zügen die Scheiben mit Laser zu behandeln. Dann kommt das Signal besser durch. In den Zügen der nächsten ICE-Generation wird es diese nicht durchlässigen Scheiben auch nicht mehr geben. Unser Ziel bleibt nach wie vor eine lückenlose Mobilfunkversorgung entlang der gesamten 33 000 Kilometer Bahnstrecken bis 2026.

Deutsche Bahn

Die Telekom will auch die Netzqualität an den Autobahnen steigern. Wie?

Die Auswahl und die Abstimmung von neuen Mobilfunkstandorten an Autobahnen waren bisher immer eine langwierige Angelegenheit. Jetzt haben wir eine Kooperation mit der Autobahn GmbH geschlossen und damit werden wir entschieden schneller. Durch die Zusammenarbeit bekommen wir unkompliziert neue Standorte, zum Beispiel auf Parkplätzen oder an Böschungen. Den ersten Mast, der aus dieser Kooperation entstanden ist, haben wir Anfang November im Saarland an der A1 in Betrieb genommen. Da hat der ganze Prozess von Anfang bis Ende gerade mal sechs Monate gedauert, das hat sich rasant verkürzt. Mit dem Tempo wollen wir weitermachen, um unseren Kundinnen und Kunden auch im gesamten Autobahnnetz die bestmögliche Mobilfunkversorgung zu bieten. Insgesamt planen wir gemeinsam mit der Autobahn GmbH etwa 400 zusätzliche Mobilfunkmasten entlang der Autobahnen.

Die Telekom investiert auch kräftig in das Festnetz und plant, bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaser zu versorgen. Dazu öffnen Sie Ihre Netze für die Konkurrenz und haben mit dem Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) ein Positionspapier verabschiedet. Dennoch sieht sich der Wettbewerb benachteiligt und wirft Ihnen vor, dass Sie unzureichend reguliert seien. Wie stehen Sie zu den Vorwürfen?

Es ist das politische Ziel, bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaser zu versorgen. Der Glasfaserausbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe für die gesamte Branche. Die Telekom wird ihren Anteil dazu verlässlich beitragen. Allein wir planen, bis 2030 etwa 25 bis 30 Millionen Haushalten Glasfaser anzubieten. Dafür investieren wir insgesamt 30 Milliarden Euro. Wir setzen dabei auch auf Kooperationen. Jeder dritte ausgebaute Haushalt entsteht bei uns im Rahmen von Kooperationen. Was die Vorwürfe des Wettbewerbs betrifft: Unser Glasfasernetz steht Wettbewerbern offen und wird auch von anderen Anbietern wie Vodafone, 1&1 oder regionalen Netzbetreibern genutzt. Wir stehen für Open Access! Wir stellen allen Anbietern nicht nur unsere Leitungen, sondern auch unsere Leerrohre zur Verfügung.

ITUWRC Dubai 2023

Sie haben auch eine eigene Tiefbaugesellschaft gegründet. Lässt sich so der Fachkräftemangel bekämpfen?

Wir bauen, was der Bagger hergibt. Zwei von drei neuen Glasfaserleitungen in Deutschland verlegt aktuell die Telekom. Um diese enorme Geschwindigkeit beim Ausbau zu schaffen, verstärken wir unser Team permanent. Wir haben unsere eigene Tiefbau GmbH gegründet, um die dringend benötigten Kapazitäten für Tiefbauarbeiten zu erhöhen. Wir haben aber auch rund 1000 neue Expertinnen und Experten im Bereich Montage eingestellt. Der Fachkräftemangel ist eine Herausforderung. Für unsere eigene Tiefbaufirma wollen wir bis Ende 2024 rund 230 Mitarbeitende einstellen. Dafür suchen wir Tiefbaufachkräfte. Wir schauen uns aber auch Bewerber mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, beispielsweise im Straßenbau, Garten- und Landschaftsbau oder mit ähnlicher Qualifikation an. Somit bringen wir neue Arbeitskraft in den Markt und beschleunigen den Glasfaserausbau durch zusätzliche interne Kapazitäten. Es ist übrigens nach wie vor möglich, Teil des Teams zu werden!

Sie setzen zudem auf künstliche Intelligenz und haben „T-Cars“ im Einsatz. Was machen die genau?

Künstliche Intelligenz hilft uns schon heute, den Glasfaserausbau effizienter und schneller zu planen. Unsere T-Cars sind speziell umgerüstete Sprinter, die mithilfe von Kameras, Sensoren und künstlicher Intelligenz die Umgebung vermessen und analysieren. Dabei erfassen sie Umgebungsdaten wie Gullys, Straßenoberflächen, Risse in der Straße, Laternen oder Bäume. Diese Daten helfen uns dann bei der Berechnung der optimalen Glasfaser-Ausbautrassen. In den letzten zwölf Monaten sind die T-Cars über 60 000 Kilometer in unseren Ausbaugebieten gefahren. Früher mussten wir das alles manuell machen, das hat viel Zeit gekostet. Datenschutz ist dabei selbstverständlich – alle Daten, zum Beispiel zu Personen oder Autokennzeichen, werden anonymisiert.

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