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Standlautsprecher

Unterschiede zur B&W 802 D3 und Fazit

Autor: Andreas Günther • 15.5.2017 • ca. 3:50 Min

Inhalt
  1. B&W 800 D3 im Test
  2. Unterschiede zur B&W 802 D3 und Fazit

Generations-UnterschiedeWo liegen die Unterschiede zur Vorgängerin? Diese besaß zwar das gleiche Analyseformat, doch war sie beherrschter, etwas hart. Nichts davon an der neuen 800er, die so natürlich-souverän klingt, dass Intellekt und Gänsehaut gleichermaßen angesprochen werden. Ganz großes...

Generations-Unterschiede

Wo liegen die Unterschiede zur Vorgängerin? Diese besaß zwar das gleiche Analyseformat, doch war sie beherrschter, etwas hart. Nichts davon an der neuen 800er, die so natürlich-souverän klingt, dass Intellekt und Gänsehaut gleichermaßen angesprochen werden. Ganz großes Klangkino, völlig losgelöst von allen Zwängen.

Die große Klanginszenierung ist Nick Cave mit seinem aktuellen Album „Skeleton Tree“ gelungen. Das ist beinahe schmerzhaft traurige Musik mit wenigen harmonischen Wendungen, aber einer immens aufwendigen Instrumentation. Da mischen sich die tiefsten Basswellen mit dem Knurren in Nick Caves Stimme – hochkomplex, ruhig, schön. Um alle diese Werte klingen zu lassen, bedarf es eines extrem souveränen Lautsprechers. Was die 800 D3 ist. Es grenzte bereits ans Unvorstellbare, wie leicht, selbstsicher, natürlich die neue B&W diese Musik fließen ließ. Als wäre sie für diesen Lautsprecher gemacht.

Da wollten wir tiefer hineinhören, mit noch komplexerer Kost. Erst kürzlich hat die Decca ihre legendäre Aufnahme von Puccinis „Turandot“ als Remaster und zugleich auf Blu-ray Pure Audio aufgelegt. Das klingt fantastisch und luxuriös. Anfang der 70er-Jahre versammelte die Decca die größten Opernstars, mehr ging nicht. 

Joan Sutherland singt die Titelrolle, den heldischen Tenor stimmt Luciano Pavarotti an. Selbst die kleine Rolle des Kaisers ist mit Peter Pears außergewöhnlich hochkarätig besetzt. Vor allem haben die Tontechniker ein mittleres Wunder vollbracht: Diese Aufnahme strotzt vor Präsenz und Hochdynamik, selbst an mäßigen Lautsprechern spürt man ihren Zauber. Wie großartig muss sie an einem ungewöhnlich guten Lautsprecher klingen?

B&W 800 D3 body upright red
B&W formt das Gehäuse aus einem verpressten Stück Holz und setzt einen Block aus Multiplex-Schichten hinein.
© B&W

Die B&W 800 D3 machte das Erlebnis komplett. Es war faszinierend zu hören, in welchen Klangrausch Zubin Mehta das London Philharmonic Orchestra stürzte. Das Orchester hatte an der D3 eine ungezügelte Wucht, großartig die tiefen Schläge auf die große Trommel. Dazu die Strahlkraft der Sänger, allen voran Luciano Pavarotti, dessen Stimme die D3 aber nicht nur helles Flirren verlieh, sondern erstaunlich viel Korpus, etwas, das keinem anderen Lautsprecher in derartiger Präsenz so gut gelungen ist. 

Da zeigten sich die außergewöhnlichen Qualitäten der B&W 800 D3 erneut. Auch im Vergleich zur Vorgängerversion, an der man mitunter die einzelnen Chassis beim Tonproduzieren belauschen konnte. Nun aber wurden wir mit einer Geschlossenheit vom Feinsten verwöhnt. In unserem Test kombinierte die B&W 800 D3 die höchste Analyse mit außergewöhnlicher Selbstverständlichkeit. Wie leicht ihr das Schwere gelang, wie prachtvoll sie die Orchesterlandschaft der Turandot auferstehen ließ und darüber noch die Präsenz der Singstimmen setzte – abermals ganz großes Klangkino.

B&W 800 D3 Turbine Explosion
Der Mitteltöner: B&W tauscht Kevlar gegen das Material „Continuum“. Das ist ebenfalls ein Gewebe, doch deutlich stabiler in allen Schwingungsverhältnissen.
© B&W

Intime Momente 

Wie jedoch hält es die B&W 800 D3 mit kleinerer Kunst? Gesang und Gitarre? Eine wirkliche Spitzenaufnahme hat hier ganz frisch das Label Stockfisch Records vorgelegt: Christian Kjellvander singt live und solo. Die CD klingt sehr gut, die passende LP überragend. Ein guter Lautsprecher muss hier Atmosphäre können. Kjellvander spielte und sang seine Songs im kleinen Bürgersaal zu Northeim, gleich um die Ecke des Tonstudios. Intime Stimmung. Kriegt​ die große B&W 800 D3 das hin?​

Und wie! Zuerst fiel uns die immense Ruhe auf, die die D3 darstellen konnte. Bei aller Pracht – das hier ist kein Showlautsprecher. Dazu kam das feine Gespür für die angerissenen Saiten. Das hatte in den besten Momenten das, was die Profis die „Kugelgestalt des Klangs“ nennen – die punktgenaue, mehrdimensionale Abbildung eines einzelnen Tons. Dazu die Stimme von Christian Kjellvander, sein heller Bariton mit Charme und Charakter – abermals: Sehr intim, wie die D3 das abbilden konnte. Auch ein Lautsprecher für die feinen Momente im Leben.​

B&W 800 D3 crossover
Die Frequenzweiche: B&W kommt hier mit ganz wenigen Bauteilen aus. Die Bässe laufen bis zu relativ hohen 400 Hertz, ab 4000 Hertz springt der Hochtöner an.
© B&W

Zum Finale hörten wir eine ganz neue Aufnahme: Daniel Barenboim hat alle Bruckner-Sinfonien eingespielt (Deutsche Grammophon). Was diese Box hervorhebt, ist das Orchester. Hier spielt die Staatskapelle Berlin auf, das Hausorchester von Daniel Barenboim an der Staatsoper. Dieses Orchester klingt grundsätzlich anders als andere Musikergemeinschaften der Hauptstadt. Barenboim hat ihm einen eher dunklen, goldenen Eigenklang antrainiert. Das muss ein Lautsprecher erst einmal wiedergeben können.​

Die B&W 800 D3 konnte es: Hier erklang ein ganz anderer, erdigerer Streicherteppich, darüber eine Landschaft aus eher abgedunkelten Blechbläsern. Faszinierend dazu der Drive, mit dem Barenboim seine Musiker etwa in das große Finale der achten Sinfonie drängte. Man spürte ein ultratiefes Pochen in der Magengrube.​

B&W 800 D3 Turbine
B&W setzt den Mitteltöner in ein eigenes Gehäuse, das die Ingenieure aus dem vollen Aluminium fräsen lassen. Der Mitteltöner wird zentral über eine Achse verschraubt.
© B&W

Die B&W 800 D3 baute in unserem Test einen enormen Druck auf – Schubkraft ohne Limit. Dazu die ordnende Hand: Sehr klar und präzise gruppierte die D3 die Musiker auf dem Konzertpodium. Das war eine Staffelung von höchster Präsenz, bis hin zu den schwierig zu fassenden Holzbläsern. Dazu kam die Lust an dynamischen Feinheiten. Schlicht perfekt, wie die D3 die dynamischen Intentionen nachzuzeichnen vermochte. 

Ganz stark auch, wie die D3 das Bassfundament auslegte: nie zu fett, nie zu schwach, stets auf den Punkt. Großartig, ohne Wenn und Aber. Man muss kein Prophet sein: Die Tonstudios und die Wohlhabenden dieser Welt werden in Massen umsatteln. Und der Vorgängerversion wird man in naher Zukunft häufig bei den einschlägigen Internet-Auktionshäusern begegnen.

Fazit

Ein Traum von einem Lautsprecher. Oder ein anderer Superlativ: Die beste B&W, die es je gab. Die Ingenieure haben das Größte vollbracht, die Konstruktion ist unheimlich aufwendig. Wir haben ausgiebig gelauscht: Das war einer der besten, ehrlichsten und souveränsten Lautsprecher, der je in unserem Hörraum gastierte.

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