Smartphone
Huawei P40 Pro im Test
Mit dem P40 Pro gelingt Huawei das Kunststück, ein herausragendes Kamerasystem in ein handliches Format zu pressen. Ohne Google bleibt aber nur die unverdiente Nischenrolle. Lesen Sie unseren Test hierzu.

Das P40 Pro ist seit 02. Mai für 999 Euro in Deutschland erhältlich. Für Vorbesteller hat Huawei ein attraktives Angebot geschnürt: Sie erhalten nicht nur die kabellosen In-Ears FreeBuds 3 obendrauf, sondern auch die smarte Uhr Watch GT2e.
Damit möchte man dem Kunden den Abschied von Google versüßen. Denn das Smartphone kommt wie die gesamte P40-Serie sowie das Mate Xs ohne Google-Dienste, und diese lassen sich auch – zumindest nach dem aktuellen Stand – nicht nachinstallieren.

Glas mit 4 gebogenen Rändern
Das ist eine schwere Hypothek, und nachdem man das P40 Pro in die Hand genommen hat, wird das Bedauern darüber noch größer. Denn Huawei gelingt im Gegensatz zu Samsung das Kunststück, ein Vierfach-Kamerasystem auf absolutem Topniveau in ein handliches Format zu gießen.
Es wäre zu viel des Guten, das Smartphone als kompakt zu bezeichnen, aber es ist doch spürbar leichter und kompakter als ein S20 Ultra, was die Hand dankbar zur Kenntnis nimmt. Die Kameraeinheit steht zwar ebenfalls knapp zwei Millimeter heraus, aber sie fällt nicht so massiv aus.
Das P40 Pro ist damit das richtige Smartphone für alle, die keine Kompromisse bei der Kamera eingehen wollen, denen das Ultra aber zu mächtig ist. Das Design ist sehr gelungen, die Frontseite besteht fast nur aus Display, weil der Hersteller die Fläche optimal ausnutzt. Auf starke Krümmungen verzichten die Chinesen, stattdessen sind die Ränder nur leicht gebogen.
Gut gefallen hat uns, dass alle vier Seiten die gleiche Krümmung aufweisen, Huawei nennt das „overflow Display“. Auch das Glas auf der Rückseite ist derart gebogen, eine Symmetrie, die das Gehäuse besonders geschlossen wirken lässt.

Ein weiteres kleines, aber feines Detail sind die hochgezogenen Ecken des Metallrahmens, was neben dem Design auch einen ganz praktischen Grund hat: Das empfindliche Display soll beim Aufprall besser vor Bruchschäden geschützt werden. Huawei setzt übrigens nicht auf Gorilla Glas, sondern auf gehärtetes Glas von einem nicht weiter benannten Hersteller.
Eine Schutzfolie ist ab Werk aufgeklebt, was wir an dieser Stelle positiv hervorheben möchten. Das Gehäuse ist nach IP68 wasserfest und macht einen stabilen Eindruck, die Verarbeitung ist bis auf den Bruchteil eines Millimeters präzise und gibt keinen Spielraum für Kritik. Ein weiterer Pluspunkt: Huawei bietet dem Kunden sowohl eine glänzende als auch eine matte Variante an, letztere hat den Vorteil, dass Fingerabdrücke nicht sichtbar sind.
Obwohl das P40 Pro genauso groß ist wie der Vorgänger P30 Pro, ist das Display minimal gewachsen: von 6,5 auf 6,6 Zoll. Möglich macht es ein noch schmalerer Rand oben und unten, wie bei Samsung füllt die Darstellung praktisch die gesamte Frontseite aus.
Doch während es den Koreanern trotzdem gelingt, einen kräftigen Lautsprecher über dem Display in einem schmalen Streifen am Übergang vom Glas zum Rahmen zu platzieren, lässt Huawei diesen Bereich vollständig geschlossen.
Beim Telefonieren wird der Schall per Vibration übertragen, indem das Displayglas in Schwingungen versetzt wird. Die Sprachqualität leidet darunter nicht, im Gegenteil, allerdings fehlt beim Anschauen von Videos Stereoklang.
Doch zurück zum Display: Das 6,6 Zoll große OLED zeigt 2340 x 1080 Pixel, die Darstellung ist zwar nicht so leuchtstark wie bei anderen Smartphones, aber dafür in einer hellen Umgebung noch bemerkenswert kontrastreich. Die Bildwiederholrate liegt bei 90 Hertz, was für besonders weiche Übergänge und Animationen sorgt. Huawei geht also nicht bis 120 Hertz hoch wie Samsung, aber das ist auch nicht nötig – Unterschiede lassen sich mit dem Auge nicht ausmachen.
Die Kameras - Fotovergleich Ultra-Weitwinkel
Das Kamerasystem besteht wie beim Samsung-Flaggschiff Galaxy S20 Ultra aus vier Optiken (wir zählen den ToF-Sensor mit), die von Ultraweitwinkel bis Fünffach-Tele (Samsung: vierfach) einen großen Brennweitenbereich abdecken. Im Detail sind die Unterschiede zwischen den beiden Modellen sehr groß:
- Beim Ultraweitwinkel setzt Huawei auf einen großen Sensor mit 40 Megapixeln, bei Samsung sind es 12 Megapixel.
- Das Herz des Kamerasystems ist die Weitwinkeloptik, hinter der beim P40 Pro ein 52-Megapixel-Sensor auf einer Fläche von 1/1.28 Zoll steckt, bei Samsung sind es 108 Megapixel auf 1/1.33 Zoll.
- Die Telebrennweite schafft eine fünffache Vergößerung (KB-umgerechnet 125 mm), dahinter steckt ein Sensor mit 12 Megapixeln, bei Samsung ist die Vergrößerung vierfach (100 mm), der 48-Megapixel-Sensor unterstützt Pixel Binning im Verhältnis 4 zu 1.
Zwei Aspekte verdienen eine besondere Erwähnung. Erstens: Beim Ultraweitwinkel übernimmt das P40 Pro den hochauflösenden Sensor vom Mate 30 Pro, der dort bereits vollauf überzeugen konnte. Er liefert nicht nur sehr gute Bildergebnisse für diese aus technischer Sicht anspruchsvolle Brennweite, hinzu kommt eine Videoqualität (4K bei 60 fps), die man bisher von Huawei nicht gewohnt war.

Zweitens: Beim Hauptsensor machen die Chinesen das Megapixelrennen nicht mit und drosseln stattdessen bei 52 Megapixel. Der Fokus liegt auf der Sensorgröße: Mit 1/1.28 Zoll schafft Huawei es, sogar Samsung zu übertrumpfen. Es handelt sich um Sonys IMX700, der größte Sensor, der bis dato in einem Smartphone eingebaut ist.
Pixel Binning wird im Verhältnis 4 zu 1 angewendet, in der Standardeinstellung sind die Fotos 12,58 Megapixel groß. Statt des Bayer-Filters kommt wieder eine RYYB-Matrix für gesteigerte Lichtempfindlichkeit zum Einsatz. Unsere Messungen zeigen allerdings, dass der Weitwinkel nicht mehr Licht einfängt als ein Galaxy S20 Ultra, qualitativ halten sich beide Phones die Waage, mit leichten Vorteilen bei Samsung.
Bei den Ultra-Weitwinkel-Aufnahmen und dem Zoom sind die Chinesen dagegen besser, teilweise sogar deutlich. Huawei gibt bei der Kamera wieder den Takt vor, kein anderes Unterneh- men bietet so viele Features auf diesem Qua- litätsniveau. Porträtaufnahmen mit Bokeh sind richtig gut, auch mit der 32-Megapixel- Frontkamera, die zudem einen Autofokus hat und 4K-Videos bei 60 fps aufzeichnet.
Überzeugende innere Werte
Bei der P40-Serie ist überall 5G mit an Bord (außer beim P40 Lite). Möglich macht es der Kirin 990 5G, das momentan einzige Smartphone- SoC mit integriertem 5G-Modem. Der moderne Chipsatz liefert eine umfassende Connectivity (WiFi 6 Plus und Bluetooth 5.1) und eine Performance auf dem Niveau eines Snapdragon 865.
Dual-SIM ist ebenfalls Standard, dabei ist ein Steckplatz hybrid und schluckt entweder eine Nano-SIM oder eine Speicherkarte – leider nur Huawei proprietäres Format NM Card. Statt einer zweiten physischen SIM kann man auch eine eSIM einbinden, das sorgt für maximale Flexibilität.
Der Speicher ist 256 GB groß. Zur starken Ausstattung gesellt sich eine konstant hohe Produktqualität. Die Funkeigenschaften und die Sprachqualität sind zwar nicht überragend, bewegen sich aber auf einem guten Niveau. Die Akkulaufzeit ist mit 10:04 Stunden top, wir haben mit unserem Testsample problemlos zwei Tage ohne Steckdose geschafft.
Drahtloses Aufladen wird unterstützt und zwar in beide Richtungen, sodass man Peripheriegeräte unterwegs unkompliziert aufladen kann. Über das mitgelieferte 40-Watt-Netzteil wird der Akku im Turbomodus wieder vollgetankt, die Stoppuhr registriert eine vollständige Ladung in weniger als anderthalb Stunden.
Huawei leistet sich praktisch keine Schwächen, die Hardware ist herausragend gut. Aber ohne Google-Dienste kann das P40 Pro kein Verkaufsschlager werden. Nur wer auf die App-Vielfalt des Play Store und Dienste wie Fotos und Pay verzichten kann,wird hier glücklich – dafür aber umso mehr. Es ist bedauerlich und zum Nachteil des Kunden, dass ein Unternehmen wie Huawei von der Politik so ausgebremst wird.
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