Highend-Smartphone
Sony Xperia Pro-I im Test
Sonys neuer Highender Xperia Pro-I ist mehr Kamera als Smartphone, der Sensor ist mit einem Zoll gigantisch, das Softwarepaket für Fotos und Videos spielt in der Profiliga. Übertrumpft Japan damit die Topmodelle von Samsung und Xiaomi? Unser Test gibt Antwort.
- Sony Xperia Pro-I im Test
- Sony Xperia Pro-I: Kamera im Test
- Sony Xperia Pro-I: Details, Apps & Interview

Die Highend-Kompaktkameras aus Sonys RX100-Serie werden seit 2012 produziert und genießen in der Szene Kultstatus. Unter Fotografen gilt: Wenn schon eine Kompakte, dann eine RX100. Mittlerweile ist die RX100 VII auf dem Markt, und von ihr hat Sony den Sensor übernommen, um ihn in ein Smartphone einzubauen.
Die Größe von 1 Zoll ist rekordverdächtig – kein aktuelles Smartphone in Deutschland kommt überhaupt in diese Nähe. Dafür gibt es aber auch einen guten Grund: Um einen so großen Sensor vollflächig auszulesen, ist eine Optik mit großem Durchmesser und einer relativ langen Brennweite erforderlich.
Deshalb ist eines der wenigen 1-Zoll-Smartphones, die es weltweit gibt, das Panasonic DMC-CM1, im Objektivbereich satte 20 Millimeter dick. Diesen Weg will Sony nicht gehen, denn das Xperia Pro-I ist mit 8,9 Millimeter angenehm flach. Realisieren lässt sich das aber nur, wenn der große Sensor nicht vollständig ausgelesen wird.
Somit stellt sich die Frage, warum er überhaupt eingebaut wird. Sony verweist auf die guten Erfahrungen mit diesem Sensor, auf die man mit dem Pro-I aufbauen könne.
Eine weitere Erklärung liefert allerdings der Markt für kompakte Digitalkameras: Er ist praktisch tot, und mit ihm auch die RX100. Die Welt fotografiert fast nur noch mit dem Smartphone, und insofern ist das Pro-I auch Sonys Versuch, die Expertise und Reputation, die man im Kamerasegment aufgebaut hat, auf den Smartphone-Bereich zu übertragen.
Die Chancen dafür, dass das gelingt, stehen gut. Allen Unkenrufen zum Trotz werden die Japaner das Smartphone-Geschäft nicht aufgeben, auch wenn sie auf absehbare Zeit kein Massenhersteller wie Samsung oder Xiaomi werden. Und die Zähigkeit, mit der Sony seit Jahren seine Smartphone-Strategie verfolgt, trägt langsam Früchte: Die Geräte der Xperia-Serie werden von Generation zu Generation besser und bieten klare Differenzierungsmerkmale zur Konkurrenz.
Das kann man auch am Pro-I sehen, das eben nicht nur durch seine einzigartigen Foto- und Videofähigkeiten heraussticht. Wenn man von der fehlenden Qi-Schnittstelle für kabelloses Laden absieht, dann wird hier ein exzellentes Stück Technik geboten, das den hohen Preis rechtfertigt.
Gehäuse und Haptik
Es fängt schon beim Gehäuse an. Sony hält selbstverständlich an dem kantigen Design fest, das sich mittlerweile zum Aushängeschild der Xperia-Serie entwickelt hat, schafft es aber immer wieder, der schlichten Form neue und unverwechselbare Details abzugewinnen.
Beim Pro-I lassen die Designer den Rahmen von drei Rillen umlaufen, was nicht nur gut aussieht, sondern auch für zusätzlichen Grip sorgt. Der Rahmen macht einen massiven und überaus stabilen Eindruck, die seitlich eingearbeiteten Tasten haben optimal abgestimmte Druckpunkte, die Rückseite mit dem mattierten Gorilla Glass 6 kühlt die Hand.
Haptisch wird hier absolute Feinkost geboten, die den Vergleich mit den Edelstahlmodellen von Apples Pro-Serie nicht scheuen muss. Das hohe Gewicht ist der Preis, den man gern dafür zu zahlen bereit ist. Natürlich ist das Smartphone wasserfest nach IP68, und natürlich ist seine Verarbeitung auf allerhöchstem Niveau. Sony macht hier alles richtig.
Display - Pixelrekord auf 6,5 Zoll
Aufgrund der für ein Smartphone lang gestreckten 21:9-Bauform liegt das Pro-I sehr gut in der Hand. Dass das Display nicht so randlos abschließt wie bei einem Galaxy S21 Ultra oder einem Mi 11 Ultra – das Pro-I erreicht nur eine Screen-to-Body-Ratio von 83 Prozent –, wollen wir an dieser Stelle nicht kritisieren, da es der besonderen Schwerpunktsetzung geschuldet ist:
Japan lässt oben und unten relativ breite Ränder, um ein Display einzubauen, das frei von Punkten oder Einkerbungen für eine Frontkamera bleibt – und um Platz für frontseitig abstrahlende Stereolautsprecher zu gewinnen. Deren Klangbild ist ausgewogen, allerdings nicht so voluminös und lautstark wie bei einem iPhone 13 Pro. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau, die in Anbetracht der gebotenen Displayqualität sofort verstummt.

Denn Sony fährt wieder schwerste Geschütze auf in Form eines 6,5 Zoll großen OLEDs, das bewegte Inhalte dank dynamischer 120 Hertz besonders weich darstellt und herausragende Helligkeits- und Kontrastwerte liefert.
Dazu gesellen sich erweiterte Einstellungen mit einem abgestuften Farbmanagement und dem „Creator-Modus“, einem von Sonys professioneller Monitorsparte inspirierten Preset, das sehr natürliche Farben liefert. Unter der Haube wird ebenfalls Technik vom Feinsten geboten. Qualcomms Top-Chipsatz Snapdragon 888 wird von 12 GB RAM und satten 512 GB Speicher flankiert.
Speicher und Connectivity
Aber damit nicht genug: Sony gehört zu den wenigen Herstellern, die ihre Highend-Smartphones weiterhin mit einer microSD-Erweiterung ausstatten, Der Steckplatz ist hybrid, der Nutzer hat also die Wahl zwischen einer zweiten Nano-SIM und einer bis zu 1 TB großen microSD.
An Speicher mangelt es also nicht. Bemerkenswert ist zudem der schnelle USB-CPort: Wer viele Daten hin- und her schaufelt – etwa 4K-Videos oder RAW-Fotos –, freut sich über den Standard 3.2 Gen 2, der eine 10 GB große Datei innerhalb von acht Sekunden transferiert. Das ist jedenfalls das theoretisch erreichbare Maximum. In der Praxis haben wir diesen Wert nicht erreicht, aber mit gemittelt mehr als 33 MBit/s eine relativ hohe Geschwindigkeit gemessen.
Auch per Wi-Fi 6 sind hohe Datenraten zu erreichen. Die übrigen Verbindungsmöglichkeiten sind so vielseitig wie von Sony gewohnt, sogar eine Klinkenbuchse ist oben in den Rahmen eingelassen. Kabellos hört man Musik über Bluetooth 5.2, dabei wird neben Sonys LDAC auch Qualcomms aptX HD unterstützt. Dazu gesellen sich Dolby Atmos und 360 Reality Audio, sodass kaum Wünsche offen bleiben.

Software
Der Blick auf die Software offenbart dagegen Lücken. Es ist zwar einerseits zu begrüßen, dass Sony auf herausragende Foto- und Video-Apps und auf eine nahezu unverbastelte Android-Oberfläche ohne Schnickschnack setzt, andererseits gehört es bei einem Smartphone in dieser Preisklasse zum guten Ton, eine Gesichtsentsperrung anzubieten.
Der Hersteller sieht hier genauso wie Google ein Sicherheitsrisiko (auch die Pixel 6 verzichten darauf). Wir finden aber, dass man dem Nutzer die Wahlfreiheit lassen sollte. Auch erweiterte Anpassungsmöglichkeiten der Systemoberfläche und Features wie App-Cloning sind nicht an Bord. In dieser Beziehung haben andere mehr zu bieten.
Akustik und Akku-Laufzeit
Die Akustik beim Telefonieren bewegt sich auf einem guten Niveau, mit einer hohen Maximallautstärke und sehr guter Verständlichkeit, nur bei der Geräuschunterdrückung gibt es leichte Schwächen. Auch bei den Funkeigenschaften zeigt der Daumen nach oben. Mit guten bis sehr guten Messergebnissen bewegt sich das Xperia Pro-I über dem Durchschnitt.
Für den Akku gilt das aber nicht, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen verzichtet Sony auf den Qi-Standard, sodass das Xperia Pro-I nicht kabellos aufgeladen werden kann. In dieser Preisklasse ist das ein schweres Handicap. Zum anderen sorgt die von uns ermittelte Akkulaufzeit nicht für Begeisterungsstürme: Bei einer hohen Bildwiederholrate und maximaler 4KAuflösung schafft das Smartphone nur knappe 7:30 Stunden in unserem genormten Testverfahren.
Das ist ein schwacher Wert, andere Top-Smartphones halten mit 10:11 Stunden (Galaxy S21 Ultra) oder 9:59 Stunden (OnePlus 9 Pro) deutlich länger durch. Besser wird das Resultat, wenn man auf 60 Hertz herunterschaltet. Aber wer gibt schon so viel Geld für ein Smartphone aus, um dann die Leistung zu drosseln? Sony leistet sich hier Patzer, die Punkte kosten. So reicht es am Ende nur für ein gutes Gesamtergebnis. Schade, wir hätten uns für das Pro-I mehr gewünscht.