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Smartphone recyceln

Smartphone-Recycling: Grenzen und Chancen

Autor: Annegret Mehlfeld • 18.10.2017 • ca. 2:25 Min

Recycling hat Grenzen Professor Dr. Dr. h.c. Markus Reuter vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der sich unter anderem mit der Recycelbarkeit des Fairphone 2​ befasst hat, veranschaulicht die Schwierigkeiten am Beispiel einer Tasse Kaffee. Ein Smartphone zu zerlegen und einzelne Rohstoffe zur...

Recycling hat Grenzen

Professor Dr. Dr. h.c. Markus Reuter vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der sich unter anderem mit der Recycelbarkeit des Fairphone 2​ befasst hat, veranschaulicht die Schwierigkeiten am Beispiel einer Tasse Kaffee. Ein Smartphone zu zerlegen und einzelne Rohstoffe zurückzugewinnen sei, als wolle man eine Tasse Kaffee wieder in ihre Bestandteile Wasser, Kaffee, Zucker und Milch zerlegen, erklärt er.

Je nach gewünschtem Ergebnis lohnen sich manche Recyclingprozesse mehr als andere. Manche Ressourcen bleiben dabei erhalten, andere gehen verloren. Was wir als Kunststoffe bezeichnen, sind beispielsweise Mischungen aus verschiedenen Polymeren. Sie verbleiben in einer verunreinigten Form und können daher meist nur noch als Brennmaterial dienen. Recyclingraten von 100 Prozent werden daher wohl ein immer schöner Traum bleiben.

Nicht nur aus ökonomischen Gesichtspunkten lohnt es sich nicht, alle Materialien aus einem Smartphone herauszuholen. Abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen sei es auch aus physikalischer Sicht gar nicht möglich, gibt Professor Reuter zu bedenken. Das soll jedoch nicht heißen, dass wir die Chancen, die sich uns durch Recycling bieten, nicht ergreifen sollten.

Samsung Galaxy S7
Ein Smartphone lässt sich nur bedingt in all seine Bestandteile zerlegen. Vieles ist verlötet und verleimt.​
© Samsung

Recycling rückt in den Fokus

Die größten Erfolge in Sachen Smartphone-Recycling erzielen wir im Hinblick auf Metall. Was man aus einem Smartphone alles extrahieren kann, zeigt Samsung: Das Galaxy Note 7 musste bekanntlich im vergangenen Jahr wegen Akku-Brandgefahr vom Markt genommen werden. Damit nicht alles verloren ist, plant das koreanische Unternehmen, die Rohstoffe aus den alten Modellen wiederzuverwerten: 157 Tonnen Edelmetalle sollen insgesamt aus den zurückgerufenen Phablets gewonnen werden, darunter so wertvolle Materialien wie Gold, Silber, Kobalt und Kupfer. Auch Japan will ein Zeichen setzen und das Metall für die Medaillen der Olympischen Sommerspiele 2020 aus alten Smartphones gewinnen.

iPhone-Daten sicher löschen

Quelle: connect
Vor dem Verkauf eines gebrauchten iPhone sollten Sie die gespeicherten Daten löschen. So funktioniert es mit Sicherheit.

Moderne Schatzsuche

Solche Aktionen sind dringend vonnöten und sollten als Vorbild dienen. Denn die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2014 landeten weltweit 300 Tonnen Gold aus Elektroschrott unverwendet und damit unwiederbringlich auf Müllhalden. Dabei ist die Rechnung doch eigentlich so einfach: Alles, was aus Elektroschrott zurückgewonnen werden kann, muss an anderer Stelle nicht abgebaut werden, spart Ressourcen und schont Mensch und Umwelt. Potenzial gibt es an vielen Stellen. Vor allem Städte, in denen sich naturgemäß jede Menge Abfall ansammelt, gelten als wahre Fundgruben fürs Recycling – man spricht von „Urban Mining“.

Auch die EU ist aktiv: Vor Kurzem wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das mit neuen Methoden Wertstoffe aus Mobiltelefonen und Leiterplatten zurückgewinnen will. Beteiligt sind neun Partner aus vier Ländern, darunter die Fraunhofer- Gesellschaft. Bis 2019 soll das Projekt laufen. Der Fokus liegt auf Stoffen, die bisher nicht aus den Smartphones zurückgewonnen werden konnten. Helfen soll bei der Verwertung moderne Lasertechnik, mit der man die Komponenten präzise voneinander trennen und Materialien freilegen will – zum Beispiel durch Schmelzen der Lötverbindungen. In den USA versuchen Start-ups, Schrott zu mikroskopisch feinem Staub zu pulverisieren und anschließend einzelne Stoffe herauszufiltern.

Vergessen wir nicht: Der Rohstoff für all diese Forschungsvorhaben ist der Elektroschrott, den wir durch unseren Konsum jeden Tag produzieren. Technik bereichert und erleichtert unser Leben und bereitet uns Freude. Doch zum richtigen Umgang damit gehört auch, zu wissen, was mit einem abgelegten Gerät zu tun ist: Raus aus der Schublade und zurück in den Kreislauf. Und vielleicht muss es ja nicht immer das neueste Modell sein, wenn das alte noch tadellos funktioniert.