AVM Ovation A 6.2 im Test
AVM gönnt sich ein neues Kraftwerk im Katalog: Der Ovation A 6.2 führt nun die Klasse der Vollverstärker an. Der Entwurf wirkt äußerlich geradezu spartanisch. Im Inneren: Leistung satt, die der Kompakte nur zu gerne zeigt. Hier unser Test.

Der AVM Ovation A 6.2 ist das Wunschkind vieler Köpfe. Die AVM-Strategen haben hingehört, was sich die Konsumenten wünschen: einen überaus leistungsstarken Alleskönner in feinster, puristischer Verpackung. Hinter der schönen Front waltet ein Kraftwerk. An vier Ohm stehe...
Der AVM Ovation A 6.2 ist das Wunschkind vieler Köpfe. Die AVM-Strategen haben hingehört, was sich die Konsumenten wünschen: einen überaus leistungsstarken Alleskönner in feinster, puristischer Verpackung. Hinter der schönen Front waltet ein Kraftwerk. An vier Ohm stehen doppelte 335 Watt bereit.
Die ganze Konzeption ist so aufgebaut, dass es in der Welt faktisch keinen Lautsprecher geben dürfte, den dieser Amp nicht souverän antreibt. Er stammt von der großen Stereo-Endstufe SA 8.2 ab, die Leistung ist jedoch halbiert.
undefined
Symmetrischer Aufbau
Wer unter die Haube schaut, entdeckt einen bildschönen, symmetrischen Aufbau, wie er strenger nicht sein kann. Die beiden Signalwege sind faktisch gespiegelt. Das alles im Class- AB-Aufbau mit einer MOSFET- Architektur im Hochstromverstärker. Die insgesamt zwölf MOSFET-Transistoren stellen pro Kanal maximal 180 Ampère bereit. Das ist üppig. Passend dazu der erste Auftritt: Dieses Kraftwerk wird nicht im simplen Pappkarton geliefert, sondern in einem massiven Flight Case verpackt.
Es sind die Details, die die Potenz des Inneren auch äußerlich zeigen. Da wären zum Beispiel die beiden Drehregler, die AVM nicht einfach simpel auf die Potis aufstöpselt, sondern aufwendig mit Kugellagern verkuppelt. Wer möchte, könnte diesen Amp mit seinen 22 Kilo senkrecht auf die Drehknöpfe stellen, ohne dass diese Schaden nehmen würden.
Eine weitere Kleinigkeit: Statt eines reduziert vernachlässigten Kopfhörerverstärkers liegt hinter der 6,3-mm-Buchse ein weiteres Kraftwerk, ein eigenständiger, unabhängiger Class-A-Verstärker. Wer die wahren Werte hinter dem Klischee deutscher Wertarbeit sucht, hier findet er sie. Bis ins letzte Detail: etwa die Leiterbahnen auf den Platinen, die AVM in besonders dicken Reinkupferbahnen zieht. Der Aufwand gehört zum Konzept. Denn wie sagt der Firmenchef Udo Besser: "Das Layout der Platine ist das entscheidende Bauteil."
Die Platine ist wichtig, wenn die Stromaufbereitung flankiert. So gibt es gleich vier getrennte Netzteile: eines für die Vorstufe, je zwei für die Leistungsverstärker und eines für die Prozessoreinheit. Auch das ist üppig und ein deutliches Zeichen, dass dieser Amp auch bei hohen Lasten nicht in die Knie geht.
undefined

Das gesamte Kunstwerk entsteht am Firmenstandort. Das ist echtes "Made in Germany" bis hin zu den Platinen, die AVM mit schwarzem Lack überziehen lässt, weil dies die Wärme besser ableiten soll.
Das Gehäuse selbst vergleicht AVM mit einem Panzerschrank, das den A 6.2 einerseits kühlen soll, andererseits die Bauelemente vor Rückkopplungen von außen schützt. Wer will, kann sich auch im Bi-Amping versuchen. Hierzu könnte beispielsweise der ähnlich gebaute SA 6.2 hinzugezogen werden. Fein auch der Umgang mit Optionen über das Display. Hier lassen sich Klangregelungen aktivieren oder gleich eine parametrische Loudness. Über einen weiteren simplen Click können alle Optionen per Bypass umgangen werden. Wer möchte, kann im Display auch die Eingangsempfindlichkeit anpassen oder die angeschlossene Komponente benennen. Nicht zu vergessen: die schwere, perfekt verarbeitete Fernbedienung aus Vollmetall.
Was bringt dieser große Aufwand? Schon nach den ersten Takten unseres Hörtests war klar: Dieser Amp kennt keine offensichtlichen Grenzen. Er zeigte sich schnell und äußerst druckvoll. Beispielsweise bei den Schlagzeug- Attacken von Charly Antolini. Das hatte Druck, die Schläge auf die Basstrommel vermittelten einen erstaunlichen Punch.
Muskelspiele
Der Ovation A 6.2 hat Muskeln und liebt es offenbar, diese auch zu präsentieren. Womit eine wichtige Charaktereigenschaft genannt wäre. Er steht auf der Gegenseite der anämischen, hochanalytischen Säuselverstärker. Nicht, dass er Analyse nicht könnte, doch sie ist immer gekoppelt an den schönen Schub im Oberbass. Die Bodenhaftung scheint den AVM-Entwicklern wichtig zu sein. Brachial, wie etwa die Schläge der großen Trommel in Georg Soltis Aufnahme von Giuseppe Verdis Requiem (Decca) in die Magengrube donnern. Wunderbar zudem, wie Luciano Pavarotti in der gleichen Aufnahme sein "Ingemisco" anstimmt. Da flirrte der metallische Glanz seiner Stimme mit feinster Präzision aus der Boxenachse. Und wieder die Bodenhaftung: Da war kein dünnes Tenorstimmchen zu hören, sondern Pavarotti in seiner ganzen Kraft und ausladenden Körperfülle - mit viel Lunge, viel Druck und mit erstaunlichem Gespür für die Raumabbildung hinter ihm. Herrlich!
Geht es überhaupt noch besser? Braucht man angesichts dieser Potenz eine Kombination aus Vor- und Endstufe, um noch ein paar Kubikzentimeter Raum mehr hinzuzugewinnen? Wir haben experimentiert und einige Vor-/End-Konstellationen zum Vergleich hinzugebeten. Der Klanggewinn war minimal. Vielleicht hier und da etwas strammer im Bass, jedoch nicht dunkler. Gerade die Schwarzwerte des Ovation A 6.2 faszinierten. Wie bei guten Fernsehern: Je schwärzer der Hintergrund, desto brillanter die Chancen auf Kontrast.
Ideal für lange Hörabende
Genau so tönte der Ovation: absolut ruhig im Leerlauf, blitzschnell und zupackend, sobald ein Signal anlag - nie angestrengt. Dieser Amp empfiehlt sich auch für lange Hörsitzungen.
undefined

Ganz stark auch die Wiedergabe eines so komplexen Instruments wie eines Flügels. Kürzlich haben wir uns die ge- Keine Wünsche offen: AVM kombiniert am Ovation A 6.2 insgesamt fünf Cinch- und zwei XLR-Eingänge. Zudem gibt es zwei Vorverstärkerausgänge (ebenfalls in XLR und Cinch) sowie einen Cinch-Festpegelausgang. Wer möchte, könnte mit der Endstufe SA 6.2 eine Bi-Amping-Architektur aufbauen. Stattlich auch die Leistungsdaten: Aktiv nimmt der A 6.2 bis zu 1100 Watt auf - im Standby lediglich 0,5 Watt. sammelten Einspielungen von Alfred Brendel auf Philips zugelegt. Das ist nicht nur ein Quader mit 114 CDs, sondern vor allem gelebte Klangphilosophie. Oft wird darüber fabuliert, dass ein Pianist an den Tasten singen kann; keiner kann es besser als Alfred Brendel. Er schlägt mit Filzhämmern auf Saiten ein; das Klavier rangiert im Orchester in der Gruppe der Schlaginstrumente. Brendel beherrscht die Kunst, Notenfolgen zu melodischen Bögen zu verbinden - wenn der Verstärker und die Membranen mitspielen. Diese Poesie ist schwierig, und es ist höchste Kunst, ein Klanggeschehen ebenso stabil wie poetisch darzustellen.
Dem AVM Ovation A 6.2 gelang das. Das hatte Atem und festen Grundton, das hatte Phrasierung und massive Bodenhaftung. Großartig, wie er mit Brendel die Mittenabbildung nachzeichnete; ebenso großartig, wie dieser Amp auch in komplexen Klangstrukturen nie den Kontext zu den Bassregistern verlor. Ein ganz Großer.
undefined
Perfekter Mix
Stimmt passend dazu auch der Gegenwert? Immerhin verlangt AVM für diesen Amp rund 9000 Euro. Da der Ovation A 6.2 in einer Liga mit guten Vor-/End- Kombinationen mitspielen kann, braucht man keinen Taschenrechner, um die Relationen zu erkennen: Der Mix aus perfekter Verarbeitung und audiophilen Werten ist keine Selbstverständlichkeit. Hier haben die AVM-Strategen einen idealen Lebensbegleiter erschaffen.
Fazit
Das ist Kraft pur - und konkurriert stark mit ausgewachsenen Vor-/End-Kombinationen. Vor allem der Druck fasziniert. Erstaunlich souverän im Zusammenspiel auch mit kritischen Lautsprechern.
undefined