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Covid-19-Pandemie

Deutschland: Corona-Warn-App im Test

Autor: Hannes Rügheimer • 2.6.2021 • ca. 2:55 Min

In ihrem ersten Jahr erlebte die deutsche Corona-App eine bewegte Geschichte, bekam aber auch viele Funktionsverbesserungen.Seit Juni 2020 ist die Corona-Warn-App in Deutschland verfügbar. Nach langen Diskussionen im Vorfeld hatte das Konsortium aus Deutscher Telekom und SAP mit Unterstützung des ...

Deutschland: Corona-Warn-App im Test - Screenshot 2
Hohe Warnschwelle: Die meisten User sehen ein „geringes Risiko“. Das heißt im Umkehrschluss, dass man Warnungen durch die App ernst nehmen sollte.
© Screenshot / Montage: connect

In ihrem ersten Jahr erlebte die deutsche Corona-App eine bewegte Geschichte, bekam aber auch viele Funktionsverbesserungen.

Seit Juni 2020 ist die Corona-Warn-App in Deutschland verfügbar. Nach langen Diskussionen im Vorfeld hatte das Konsortium aus Deutscher Telekom und SAP mit Unterstützung des Robert-Koch-Instituts (RKI) die App in recht kurzer Zeit realisiert. In den ersten fünf Tagen erreichte sie knapp 11 Millionen Nutzer, doch dann ebbte die Begeisterung ab.

Heute zählt die App rund 28 Millionen Nutzer. Mit einer Verbreitung in rund 34 Prozent der Bevölkerung liegt Deutschland damit zwar in unserem Länder-Vergleich an der Spitze – doch von den 60 bis 70 Prozent, die Experten für maximale Wirksamkeit der Kontaktwarnungen fordern, ist auch diese Zahl noch weit entfernt.

Für die per Bluetooth LE realisierte Abstandserkennung nutzt die App das von Google und Apple in seinen Mobilsystemen eingebaute „Exposure Notification Framework“, seit Ende 2020 dessen exakter arbeitende Version 2.0. Grundsätzlich läuft die App ab dem iPhone 5s und iOS-Version 12.5, auf Android seit Version 6 – wobei Android-Smartphones ein spezielles Ergänzungsupdate brauchen.

Seit Ende 2020 lässt sich die App dank einer Gruppe freier Entwickler auch auf Huawei-Geräten nutzen, obwohl diesen die „Google Services“ fehlen. Der Download ist im Alternativ-App-Store „F-Droid“ möglich.

Corona Warn App Startbildschirm

Die Auslöseschwelle der Warnungen lässt sich serverseitig justieren. Nachdem Meldungen über ein möglicherweise erhöhtes Risiko die Nutzer oft ratlos zurückließen, hoben die Programmierer diese Schwelle an. Nun wird aber wiederum kritisiert, dass die App nur noch selten warnt.

Auch wenn die Warnfunktion einen wichtigen Beitrag zur Einschätzung des Infektionsrisikos leistet, sind ihre Analysen wegen der zu geringen Verbreitung aber ohnehin nur eingeschränkt zuverlässig. Angesichts der häufigen Verlängerungen von Corona-Beschränkungen führte dies zu steigender Kritik an der App – das mühsam ausgehandelte dezentrale Speicherungsprinzip bevorzuge zu einseitig den Datenschutz.

Dazu ist aber anzumerken, dass die theoretische Alternative einer zentralen Datenspeicherung zwar Analysen des Infektionsgeschehens durch das RKI und andere staatliche Stellen begünstigen würde – aber wohl kaum zu einer größeren Verbreitung der App beigetragen hätte. Doch nur dies wäre ein Hebel, der eine höhere Wirksamkeit der Kontaktverfolgung und eine verbesserte Genauigkeit der Risikobewertung ermöglichen könnte.

Deutschland: Corona-Warn-App im Test - Screenshot
Event-Manager: Seit April 2021 enthält die App Registrierungsfunktionen für Zusammentreffen – sowohl für Veranstalter als auch für Teilnehmer.
© Screenshot / Montage: connect

Die Kritik am begrenzten Nutzen führte dazu, dass die App kontinuierlich weitere Funktionen lernte: Seit Ende 2020 (Version 1.10) bietet sie ein Kontakttagebuch, in dem sich etwa Treffen im Familien- und Freundeskreis vermerken lassen.

Seit März 2021 (Version 1.13) sind freiwillige Datenspenden für die Forschung möglich, seit April (Version 2.0) eine Eventregistrierung. Damit können Veranstalter für ihre Events in der App einen QR-Code erzeugen und zum Beispiel plakatieren, Teilnehmer können diesen per App scannen. Mit letzterer Funktion reagierten die Anbieter auch auf alternative, aber mittlerweile umstrittene Vorstöße wie die „Luca“-App.

Seit Mai (Version 2.1) lassen sich die Ergebnisse von Schnelltests in der App vermerken. Bei einigen Schnellteststellen ist nun zudem eine Identifikation über ein in der App hinterlegtes Testprofil möglich.

Testsiegel connect Testsieger
Testsiegel connect Testsieger
© WEKA MEDIA PUBLISHING GmbH

Und bis Ende Juni soll der aktuell in Entwicklung befindliche digitale Impfnachweis integriert werden. Kritiker verweisen allerdings darauf, dass solche Zusatzfunktionen auch über andere Apps verfügbar sind.

Bereits Ende 2020in connect 9/2020 haben wir gemeinsam mit umlaut die Sicherheit der damals aktuellen Versionen 1.0.4 (Android) bzw. 1.0.2 (iOS) überprüft und konnten der Corona-Warn-App Top-Ergebnisse bescheinigen: 976 Punkte („überragend“) für die iOS-Version, 932 Punkte („sehr gut“) für die Android-Variante.

Beim vorliegenden Vergleich beschränken wir uns auf die Version für das weiter verbreitete und weniger „abgedichtete“ Android. Da konnte sich die von umlaut untersuchte Version 2.0.4 auf 940 Punkte steigern – die Entwickler haben offensichtlich einige der damals identifizierten Verbesserungsvorschläge berücksichtigt.

So gibt es jetzt volle Punktzahl in der Kategorie Datensicherheit. Die Sicherheit des Datenverkehrs blieb unverändert und bietet nach wie vor geringfügige Optimierungsmöglichkeiten.

Beim Integritätsschutz machten die Tester etwas größeres Verbesserungspotenzial aus – hier sind die Lösungen aus Australien und Südafrika leicht besser. Die Quellcode-Sicherheit des Open-Source-Projekts liegt an der Spitze des Testfelds, bietet aber noch kleinere Ansatzpunkte für Optimierungen.

connect-Urteil: sehr gut (940 von 1000 Punkten); Testsieger

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