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German Physiks Borderland Mk V Ultimate Test

Die neue Borderland Mk V Ultimate von German Physiks hat einen DDD-Wandler aus Carbon. Wie er das Klangerlebnis beeinflusst, lesen Sie in unserem Test.

Autor: Stefan Schickedanz • 3.2.2017 • ca. 5:00 Min

German Physiks Borderland Ultimate
Mit einer Höhe von 123 cm und 54 Kg ist die Borderland Ultimate Mk V kein Leichtgewicht. Man bekommt sie auch mit schwarzen oder weißen Klavierlack. 
© German Physiks

German Physiks hat mit seinem exotischen Radialstrahler eine lange Entwicklungskurve hinter sich. Der 1978 von Peter Dicks ersonnene, von der Hessischen Lautsprecher-Manufaktur kontinuierlich verbesserte radial (also sternförmig von einer Achse aus) strahlende Wandler wurde mit jeder Generation meh...

Pro

  • dynamisch
  • sehr guter Raumklang
  • universell für alle Musikstile einsetzbar

Contra

  • könnte etwas mehr Natürlichkeit haben

Fazit

stereoplay-Testurteil: 85 Punkte; Klang: Absolute Spitzenklasse (65 Punkte); Preis/Leistung: Sehr gut

  Hervorragend

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German Physiks hat mit seinem exotischen Radialstrahler eine lange Entwicklungskurve hinter sich. Der 1978 von Peter Dicks ersonnene, von der Hessischen Lautsprecher-Manufaktur kontinuierlich verbesserte radial (also sternförmig von einer Achse aus) strahlende Wandler wurde mit jeder Generation mehr in Richtung Neutralität und Kompatibilität zu gängigen HiFi-Vorlieben konstruiert. 

In Übersee genießen die Konstrukte der Hessen Kultstatus, und heuer zeigte sich mit dem Kategoriesieg bei stereoplays „Goldenem Ohr“, dass der Prophet mittlerweile auch im eigenen Land etwas gilt. Das ist kein Zufall, sondern harte Arbeit.​

Carbon macht den Ton 

Mit dem Wechsel von Titan auf Carbon gelang vor einigen Jahren der entscheidende Durchbruch. Mit einem Mal bewegte sich die Neutralität in jenem Rahmen, den man gemeinhin konventionellen Schallwandlern zugesteht, und die Ortbarkeit gewann dramatisch an Kontur. 

Für Holger Müller, der die Rechte am DDD-Wandler (Dicks Dipole Driver) hält, kein Grund, sich auf den späten Lorbeeren auszuruhen. Er ließ weiter forschen und präsentiert eine verbesserte Version des Topmodells Borderland, die Mk V Ultimate. Die lockt mit einer abermals verfeinerten Variante, des DDD-Chassis, das im unteren Frequenzbereich als kolbenförmig bewegter Wandler arbeitet, der zu hohen Frequenzen hin als Biegewellenstrahler wirkt.​

German Physiks Borderland Ultimate Kopf
Mit einem Konus aus 0,15 mm starker Carbon-Faser bekam die Borderland eine höhere Belastbarkeit als früher mit Titanfolie.
© German Physiks

Die konische Membran, die paarweise bis auf sechs Nachkommastellen ausgewogen wird, bekommt ihre seitlichen Nähte von innen beschichtet. Das bedämpft als akustischer Widerstand an den Flanken die Schallabstrahlung zu hohen Frequenzen hin. 

Damit arbeitet der in der Spitze nach alter Väter Sitte von einer Schwingspule im Magnetfeld angetriebene, nur 0,15 mm dicke Carbon-Konus zwar nicht ganz wie ein gewöhnlicher Dipol, bei dem es seitlich „tote Winkel“ gibt. Aber er strahlt auch eben nicht mehr in alle Richtungen mit haargenau gleicher Intensität ab. Dieses Feintuning soll zu​ einem gesteigerten Fokus führen, der endlich auch jene über viele Jahrzehnte vom Stereo-Dreieck geprägten HiFi-Fans abholt.​

Wenig Handlungsbedarf gab es im Bass, wo gerade die größeren Modelle von German Physiks eh nichts anbrennen ließen. Schließlich betreibt Holger Müller hier seit jeher mustergültigen Aufwand. Acht Ecken reduzieren die Größe der einzelnen Wände und machen das ausschließlich für den nach unten strahlenden 30er-Bass genutzte Gehäuse steifer. 

Die MDF-Wände sind zudem teilweise fast 4 cm stark und werden von innen mit Hawaphon-Matten beklebt, deren kleine Kämmerchen mit Metallkügelchen befüllt sind, um Schwingungsenergie in Wärme umzuwandeln. Darüber legt German Physiks noch eine dicke Schicht Filz, die das gesamte Innere der Borderland auskleidet.

Die Verstrebungen im Gehäuseinneren bestehen jetzt teilweise aus Multiplex-Holz statt aus MDF, und der integrierte Helmholtz-Resonator zur Absorption ungewünschter Resonanzen bekam eine neue Abstimmung. Für maximale optische Wirkung kleidet sich die Borderland Mk V Ultimate standardmäßig in echten schwarzen oder weißen Klavierlack, der nach wochenlangem Trocknen erst geschliffen wird.​

German Physiks Borderland Ultimate innen
Mit Hawaphon-Matten und Helmholtz-Resonator rückt German Physiks Resten von Resonanzen im steifen achteckigen Bass-Gehäuse zu Leibe.
© German Physiks

Detailarbeit zählt 

Im Inneren gab es auch Änderungen an technischen Details. Die Bass-Membran bekam eine andere Beschichtung, nachdem diese Oberflächenbehandlung überhaupt erst während der Laufzeit der Mk-IV-Version Einzug hielt. Weitere Verbesserungen betreffen die Verkabelung, die beim DDD-Wandler aus 2,5-mm-Silber und beim Bass aus 4 mm starkem Kupferdraht besteht. 

Schließlich gab es hochwertigere Bauteile für die Frequenzweichen, die zusammen mit den einzelnen Chassis für optimale Paargleichheit selektiert werden. Eine neue Abstimmung soll den DDD-Wandler im Bereich um 6000 bis 7000 Hz zügeln, wo er früher gerne mal etwas zu präsent wurde.​

Im Hörtest verdichteten sich bekannte Klangtugenden und neue Perspektiven zu einer höchst emotionalen, begeisternden Mischung. Räumlich musizierten die Rundumstrahler vom Main schon immer. Doch wie sie in ihrer jüngsten Evolutionsstufe Solisten auf der Bühnenmitte zwischen den Boxen fokussierten, hob die Performance auf einen neuen Level.

Kein Gedanke mehr an die diffuse Klangwolke vergangener Titan-Tage. Eine solche Abbildung fordert auch konventionelle direktstrahlende Lautsprecher heraus, wobei selbst die kritischsten Ohren allenfalls das letzte Quäntchen Abbildungsstabilität bei unterschiedlichen Frequenzen vermissen dürften. 

Doch dafür entschädigte der riesige, plastische Raum vollkommen, in dem sich die Instrumente und Stimmen perfekt von den Lautsprechern lösten. Während diese angestammte Kerntugend der DDD-Wandler bei einer um Klassen besseren Ortungsschärfe gewahrt blieb, zeigte die Modellpflege auch Wirkung in der Homogenität.​

German Physiks Borderland Ultimate Fuss
German Physiks weist den Bereich unter 170 Hz einem beschichteten Bass aus der 30-cm-Riege zu. Dieser strahlt nach unten ab, wo das geschlossene Gehäuse rundum auf Stegen ruht.
© German Physiks

Für alles offen 

Während frühe Lautsprecher von German Physiks nicht den geringsten Hehl aus ihren musikalischen Vorlieben machten und ihrem Besitzer gewissermaßen die Programminhalte diktierten, braucht man bei der Borderland V Ultimate keine Einschränkungen mehr zu befürchten. Die Neuen machen alles mit – und zwar mit höchster Spielfreude. Bei Rock und Pop punktet dabei nicht nur die neue, selbst gegenüber den bisherigen Carbon-Membranen nochmals gesteigerte Natürlichkeit. 

Der neu abgestimmte Bass kommt ebenfalls sehr knackig und eindrucksvoll. Die Kombination aus neutralen Stimmen und konturierten, perfekt getimten Beats machte die mit Schweizer Präzision eingespielte​ elektronische Musik von Yello zum Genuss. Das galt für den alten stereoplay-Sampler ebenso wie für das neue Album „Toy“.

Wenn auch kaum ein Lautsprecher so viel audiophilen, ätherischen Geist ausströmt wie die Borderland, wirkt sie mit zeitgenössischer Unterhaltungsmusik keine Sekunde wie ein Nerd, mit dem man den ganzen Tag nur Harfe und Triangel lauschen kann. Die German Physiks verstand es wie kaum eine andere Box ihrer Preisklasse, den Bogen zwischen lässigem, packendem Groove und extraordinärer Authentizität zu schlagen. 

Klassik wirkte ebenfalls niemals steif. Streicher und Bläser atmeten förmlich auf und wirkten weniger gepresst als bei vielen Direktstrahlern dieser Klasse. Allerdings könnten konventionelle Konstruktionen wie die B&W 803 D3 oder der auf den vorangegangenen Seiten getestete Flächenstrahler von Martin Logan noch einen Tick mehr Klangfarbentreue bieten.

German Physiks Borderland Ultimate Anschlüsse
Eine neu abgestimmte Frequenzweiche gewährt eine Hochtonkorrektur um -2 dB, +2 dB oder +4 dB, falls „Flat“ nicht passen sollte.
© German Physiks

Bei jazzigen Tönen wie den „Ozell Tapes“ von Marcus Miller kam der scharf angerissene E-Bass knochentrocken und massierte das Zwerchfell. Damit garantiert der Ausnahme- Lautsprecher maximalen Spaß mit jeder Programmart. Ebenfalls erfreulich: Auch gegenüber Verstärkern gibt er sich mit seinem unkritischen Impedanzverlauf und überschaubarem Strombedarf sehr gutmütig. 

Natürlich sollte man sich einen High-End-Amp zulegen, um die letzten Nuancen herauszukitzeln und den audiophilen Schmelz zu fördern. Allerdings spielte der spacige Lautsprecher auch ohne jeglichen Allüren mit vergleichsweise irdischen, aber gut gemachten Vollverstärkern wie dem Yamaha A-S3000 auf. 

Standlautsprecher

Doch wir experimentierten nicht nur mit Verstärkern, sondern probierten auch die -2-dB Konfiguration der Frequenzweiche aus. Trotz der Bedämpfung des stereoplay-Hörraums klang der Rundumstrahler dabei keinesfalls gedeckelt oder gar verhangen. Vielmehr zeigte sich, wie feinfühlig sich die Borderland Mk V an den Raum und den persönlichen Geschmack anpassen lässt. Wie wir den rastlosen Holger Müller kennen, wird die Entwicklung sicher immer weiter voranschreiten.

Allerdings hat gerade die Reife des Flaggschiffs und Topsellers inzwischen einen Grad erreicht, bei dem es keinen Grund mehr gibt, abzuwarten. Dieser Lautsprecher dürfte nicht nur die angestammten Freunde der Marke aus Maintal in pure Verzückung versetzen. Er birgt jetzt auch ein nie gekanntes Eroberungspotenzial, um im Revier etablierter Direktstrahler zu wildern. Und wenn Müller irgendwann eine Mk 6 bringt, greift der für Erstbesitzer kostenlose Refurbishing- und Verkaufs-Service.