Mittelklasse-Smartphone
Honor 70 im Test
Mit einem stylishen Auftritt und Vlogging-Extras setzt sich das Honor 70 gekonnt in Szene. Sticht das ambitionierte Android-Smartphone auch im Test aus der Mittelklasse hervor?
- Honor 70 im Test
- Honor 70: Kamera im Test

Honor legt einen Zahn zu. Das Unternehmen spricht davon, dass seine hochautomatisierten Produktionslinien zur Herstellung eines neuen Mobilgeräts gerade einmal 28,5 Sekunden benötigen. Diese hohe Produktivität könnte notwendig sein, denn Marktforscher sehen die einstige Huawei-Tochtermarke in China derzeit als neuen Senkrechtstarter im Hersteller-Ranking. Nach Marktanteil soll Honor im zweiten Quartal auf Platz zwei liegen und wäre im Heimatmarkt damit eine Macht.
Und in Europa? Da sind die Weichen für ein Comeback zum Beispiel mit dem aktuellen Topmodell Magic 4 Pro längst gestellt: Honor steht als Marke seit zwei Jahren auf eigenen Beinen und hat in der neuen Unternehmenskonstellation offensichtlich nichts vom enormen Smartphone-Knowhow des ehemaligen Mutterkonzerns eingebüßt. Von den politisch motivierten US-Restriktionen ist Honor nicht betroffen.
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Das zeigt auch die auf der IFA in Berlin vorgestellte Neuheit aus der Lifestyle-orientierten Nummernserie. Das Honor 70 kann bei Hard- und Software aus dem Vollen schöpfen: 5G-Konnektivität bringt der Mittelklassevertreter ebenso mit wie das obligatorisch vorinstallierte Google-Dienste-Paket samt Zugang zum Play Store für einen ungebremsten Nachschub an Spielen und zusätzlichen Anwendungen.
Im Design bekommt das Honor 70 schon mal souverän die Kurve: Der 6,67 Zoll große OLED-Bildschirm ist an den Längsseiten sanft gewölbt. Gleiches gilt für die Rückseite des rund acht Millimeter schlanken, vorzüglich verarbeiteten Gehäuses. Ein IP-Nachweis erhöhter Wasser- und Staubdichtheit fehlt – wie bei vielen anderen Mittelklassevertretern auch.
Das elegant-symmetrische Curved-Design ist kein Selbstzweck. Die Rundungen tragen dazu bei, dass das Smartphone sehr angenehm in der Hand liegt. Fehlbedienungen durch versehentliche Berührungen an den Rändern waren kein Thema. Symmetrie prägt als Gestaltungselement auch die Triplekamera auf der Rückseite. Die mit Sonys neuem vielversprechenden 1/1,49-Zoll-Sensor (IMX800) bestückte 54-Megapixel- Kamera und die Ultraweitwinkel-/ Makrokamera mit 50 Megapixeln verteilen sich auf zwei gleich große kreisrunde Elemente. Statt eines optischen Zooms gibt es eine 2-MP-Tiefenkamera für Porträts mit Bokeh.
Die Foto-Video-Abteilung hinter dem markanten Doppelring-Design setzt auf KI-Unterstützung und versucht über ausgefeilte Algorithmen, die Fotoqualität „computergestützt“ voranzubringen. Wie es um die Bildqualität steht, erläutert unser Kameratest auf der nächsten Seite. Selfies gelingen mit der 32-MPFrontkamera in veritabler Qualität.
Wer ungewöhnliche Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven erstellen möchte, wird in den Multivideo-Settings fündig. Damit lassen sich die gleichzeitigen Aufnahmen der Front- und Rückkamera oder der beiden Weitwinkeleinheiten in einer geteilten Ansicht vereinen. Die Bild-im-Bild-Darstellung ist ebenso möglich wie das gleichzeitige Erstellen von zwei separaten Aufnahmen. Was es mit diesem exklusiven Solo-Cut-Modus auf sich hat und wie Videoblogger schneller und einfacher zu ihren Clips kommen, steht auf der nächsten Seite.

Starke OLED-Anzeige mit 120 Hz
Wie gewünscht, fallen die Displayränder oben und unten schmal aus. Das liegt auch am zentral platzierten Punchhole für die Selfie-Kamera. Insgesamt hat das Curved-Gehäuse ein sehr gutes Screen-to-Body-Verhältnis von 92 Prozent. Die selbstleuchtende Anzeige ist mit einer Schutzfolie beklebt und bietet neben der heutzutage typischen Auflösung (FHD+) und entsprechend hoher Pixeldichte (394 ppi) eine dynamisch angepasste Bildwiederholrate, die bis zu 120 Hertz betragen kann.
Damit ist, immer wenn es darauf ankommt, also beim Scrollen und beim Action-Gaming, die flüssige Darstellung von Bewegungen gewährleistet. Wer mag, kann die Display-Inhalte auch permanent im akkuzehrenderen 120-Hertz-Takt aktualisieren lassen. Zur nötigen Brillanz trägt eine Farbtiefe von 10 Bit bei. Um wahrnehmbares, die Augen ermüdendes Flackern bei geringerer Helligkeit zu minimieren, erhöht Honor beim Dimmen die Frequenz der Ein-Aus-Phasen auf 1.920 Hz.
Kurzum: Die OLED-Anzeige mit 16,7-Zentimeter-Bilddiagonale lässt im Test nichts anbrennen, zumal auch noch ein gut funktionierender optischer Fingerprintsensor den Startscreen flott freigibt. Als zweite biometrische Entsperrmethode steht die 2D-Gesichtserkennung bereit.
Die übrigen Hardware-Ingredienzien fallen klassentypisch aus. In unserem Test trat die größere 256-GB-Variante mit 235 GB freiem Speicher für knapp 600 Euro an. Der Kartenslot nimmt zwei Nano-SIMs, aber keine microSDs auf, was in der 128-GB-Variante eher zum Tragen kommt. Der Betrieb mit einer eSIM ist nicht vorgesehen.
Die 8 GB Arbeitsspeicher erfüllen die preisbezogenen Anforderungen. Das Rechentempo gibt, wie im Nothing Phone 1, die junge, um 100 MHz höher getaktete Plus-Variante des Qualcomm Snapgdragon 778G vor. Dessen Leistungsvermögen reicht an Qualcomms Gen-8-Top-Chips nicht heran. Davon abgesehen, dokumentieren die Benchmarkresultate, dass das Honor 70 selbst für die ruckelfreie Darstellung aktueller 3D-Spiele genügend Rechenpower mitbringt. Die Bedienung läuft ohnehin superflott.

Vertraute Benutzeroberfläche
Über Android 12 wird mit Magic UI 6.1 eine Benutzeroberfläche gestülpt, die mit Huaweis EMUI augenscheinlich einiges gemeinsam hat. Das zeigt sich unter anderem an der Gestaltung der Einstellmenüs und an Zusatz-Apps wie dem Systemmanager. Darüber hinaus wurden Funktionen wie die überlagerte Seitenleiste für den schnelleren Zugriff auf persönliche App-Favoriten übernommen. Die Einstelloptionen sind klar gegliedert, die bunten Icons wirken nach wie vor frisch.
Dass sich im App-Angebot auch Bloatware breitmacht, stört etwas. Booking, Facebook, Netflix, TikTok und Co. lassen sich zumindest deinstallieren. Nützliche Extras wie einen App-Cloner, einen geschützten Bereich für sensible Dateien und ein Always-on-Display hat das Honor 70 ohnehin an Bord. Zur Unterstützung mit Softwareaktualisierungen: Vorgesehen sind zwei Android-Upgrades. Sicherheitspatches soll es wie für viele Mittelklasse-Smartphones drei Jahre lang geben.
Bei der Musikwiedergabe über Bluetooth-Hörer punktet der Honor-50-Nachfolger mit Unterstützung der HiRes-Audio-Codes aptX-HD und LDAC. Gespart wird an der Audioklinke und einem zweiten Lautsprecher. Der Mono-Speaker spielt mit einer maximalen Lautstärke von 81 dB recht pegelfest auf.
Hohe Flexibilität in der Funkvernetzung können wir dem Honor 70 allemal bescheinigen. Von Wi-Fi 6 über Bluetooth 5.2 und NFC bis hin zu 5G ist alles da, was den drahtlosen Datenaustausch erleichtert und beschleunigt. Die ermittelten Datenraten in WLAN-Netzwerken und über die USB-C-2.0-Schnittstelle hätten gern höher ausfallen können. Im wichtigen 4G-Mobilfunk macht das Honor 70 mit Datenraten bis zu 1,2 Gbit/s (Cat.18) im Downlink und 150 Mbit/s (Cat.13) im Uplink richtig Tempo.
Mit einer starken Performance wartet das Honor 70 auch im Testlab auf. Die ermittelte Ausdauer von 10:45 Stunden reicht locker für einen Tag. Wie in diesen Preisregionen üblich, wurde die Induktionsspule für kabelloses Laden eingespart. Das macht der komplette Lieferumfang wett: Datenkabel und Schutzhülle liegen ebenso bei wie ein 66-Watt-Netzteil, das den Akku innerhalb von etwa 45 Minuten komplett füllt. Die Telefonieakustik überzeugte im Labor. Und auch die Funkleistungen in den gängigsten LTE-Bändern waren gut, über GSM sogar sehr gut.

Fazit
Auch wenn die Fotoqualität der Triplekamera die Erwartungen nicht voll erfüllen konnte: Honors noble Neuheit aus der Nummernserie bringt mit dem gelungenen Curved-Design, feinem OLED-Screen, praxisgerechter Hardware und durchweg überzeugenden Akustik- und Funkleistungen viele Kernkompetenzen mit, die empfehlenswerte Mittelklasse-Phones auszeichnen.
Die wahre Stärke sind ohnehin die konstant soliden Leistungen über alle Kategorien hinweg. So war der Testauftritt unterm Strich aller Ehren wert. Und nicht nur das – das Honor 70 ist kein Preisbrecher, aber sein Geld allemal wert.