Vergleichstest
Fünf Lautsprecherkabel im Test
Der Boxenkabelmarkt ist unübersichtlicher denn je. Unser Vergleich schafft Klarheit in der Klasse bis 1.000 Euro. Welches ist das beste Kabel?

Eine Umfrage unter den stereoplay-Lesern brachte es ans Tageslicht: Lautsprecherkabel sind zwar immer noch ein interessantes Thema, aber die zum Teil sehr hohen Preise würden die Befragten, selbst wenn sie recht teure Anlagen haben, nicht mehr mitgehen. Auf die Frage nach ihrer Schmerzgrenze antworteten über 90 Prozent: etwa 1.000 Euro. Alles klar. Wir liefern hier den fälligen Test von fünf neuen Modellen, garniert mit einer kleinen Übersicht bereits getesteter und im Handel erfolgreicher Boxenkabel, die wir auch zum Vergleich einsetzten.
Wie üblich wurden alle Kabel in unterschiedlichen Konfigurationen gehört: zwischen einer starken Transistor-Endstufe (Ayre MX-R ) und der niederohmigen Sonics Allegra sowie der hochohmigen Blumenhofer Fun 17, dann das Ganze noch einmal mit dem tollen, aber nur bescheiden starken Ayon-Röhrenvollverstärker Spirit III .
Goldkabel Highline MkII
Das Highline führt jeweils drei einzelne Leiter in einem PVC-Schutzmantel. Prinzipiell handelt es sich um eine klassische Koaxialleitung mit konzentrischem Aufbau. Für den Innenleiter verwendet Goldkabel hochwertiges PCOCC-Kupfer von Furukawa. Dieses monokristalline Kupfer soll besonders rein und unempfindlich gegen Verunreinigungen sein. Der im Zentrum laufende Multicore-Leiter ist von einem festen Isolator umgeben, welcher zum Schutz vor Einstreuungen von einer Aluminium-Folie und einem Kupfergeflecht überzogen ist. Verstärkt wird die Wirkung noch durch einen weiteren Aluminium-Schirm, der wiederum alle drei Leiter bedeckt. Goldkabel verwendet exzellente rhodinierte und spreizbare Bananenstecker.
Nordost Purple Flare
Das Design des Purple Flare ist von den Referenzkabeln Odin und Valhalla abgeleitet. Zwischen den einzelnen versilberten Solid-Core-Leitern hält das leuchtende Flachband-Kabel exakt definierte Abstände ein. Insgesamt sieben 1,45-mm²-Leiter werden an jeden Pol geführt. Nordost bettet diese hierfür in FEP ein; dieses weiche Plastikmaterial zeichnet sich durch seine hohe Zugfestigkeit und niedrige dielektrische Konstante aus. Damit will der Hersteller sicherstellen, dass die Kabelparameter - und damit die Klangeigenschaften - über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. Auch wird dadurch der elektrische Kontakt jedes Leiters mit der umgebenden Isolierung verringert. Vergoldete BFA-Bananas sorgen für einen soliden Kontakt.
Oehlbach Fusion XXL Four
Innenleiter aus hochreinem langkristallinem HPOCC-Kupfer stecken im Fusion. Jeweils zwölf einzeln isolierte Kupferlitzen sind zusätzlich mit einer hauchdünnen Kupferfolie umwickelt - ein aufwendiger Fertigungsprozess. Angestrebt wird eine möglichst gute Trennung der Hoch- und Tieftonsignalwege. Dabei sollen tiefe Frequenzen hauptsächlich über den inneren Massivleiter fließen, hohe Frequenzen zunehmend über die (äußere) Kupferfolie laufen.
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Dicht gepackt ist das Innere: Ein Papierschlauch zentriert die Plus- und Minusleitungen, und viele kleine Wollfäden füllen die Zwischenräume auf; so werden Mikrofonieeffekte bedämpft. Alle Leitungsenden sind vercrimpt und stecken in Oehlbachs Banana-Solution-Tubes.
Silent Wire LS 16 Mk2
Silent Wire hat das LS 16 gründlich überarbeitet. Zwar übertragen nach wie vor 16 Solid-Core-Leiter mit einem Gesamtquerschnitt von 8 mm² die Musiksignale, in der Mk2- Version aber sind die Adern nun kreuzverschaltet und winden sich um einen Quarzsand-gefüllten Hohlleiter. Dadurch soll eine bessere Präzision und Tiefenstaffelung erreicht werden. Außerdem wird nun standardmäßig der silberne Hohlbananenstecker verwendet, und die Aluminium-Endkappen sind entmagnetisiert. Laut Silent-Wire-Aussage wird jedes Mk2 vor der Auslieferung 24 Stunden lang elektrisch eingespielt. Aufgrund von Hörvergleichen entschied der deutsche Hersteller, sämtliche Verbindungen in Crimp- Technik auszuführen.
ViaBlue SC6 AIR
Das mit Abstand spektakulärste Kabel des Vergleichs: Mehrere Leiterbündel in kreisförmiger Anordnung sollen für die isolierte Übertragung der Frequenzbereiche im SC6 AIR sorgen. Als Leitermaterial wird OFC-Kupfer verwendet. Insgesamt nutzt das ViaBlue 36 Signalleiter, die zu je sechs Einzeladern gebündelt werden. Zwischen den Leitern befinden sich zehn Luftkanäle (Airpipes) als Dielektrikum. Zur weiteren Differenzierung der Frequenzzweige dienen versilberte Litzen für den Hochtonbereich, verzinnte für den Mittelton und blanke Kupferlitzen für den Bass. Durchdacht ist auch das Steckersystem, das über ein Gewinde verfügt und so Bananensteckern, flexiblen Pins oder Kabelschuhen Kontakt gestattet.
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Tatsächlich ergaben sich in den verschiedenen Konfigurationen nur kleinere Unterschiede; das Goldkabel schien an der Röhre etwas weniger bassstark zu sein. Ansonsten blieben die jeweiligen Charaktere sehr gut erkennbar.
So spielten das Goldkabel und das Oehlbach sehr verwandt, nämlich energisch und druckvoll, wobei das Goldkabel ein bisschen mehr Mittenenergie und somit mehr Direktheit lieferte. Das Silent Wire tönte ähnlich neutral und präzise, wirkte aber noch ein wenig feiner: Wo das Goldkabel und das Oehlbach winzigste Details nur ahnen ließen, zeigte das Silent Wire alles in voller Klarheit. Vor allem diese feine Transparenz brachte dem LS 16 Mk2 den Testsieg.
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Bei der Bewertung kamen das Nordost und das ViaBlue deutlich schlechter davon, dennoch könnten sie für den einen oder anderen Interessenten die erste Wahl sein. Denn beide haben sehr viel ausgeprägtere Klangcharaktere als die anderen Testprobanden oder die in der Bildergalerie ebenso vorgestellten bewährten Alternativen. Das Nordost spielte sehr schlank, präzise, schnell: ein Aufputschmittel für müde und im Bass schwammige Anlagen. Das ViaBlue (Durchmesser: 3 Zentimeter) war das genaue Gegenteil. Mit seinem sehr wuchtigen, warmen und räumlich großen Ton schien es wie gemacht für dünn und beengt klingende Ketten.
Auch wenn beide unterm Strich nicht ganz zur Performance der anderen aufschließen, muss man doch froh sein, dass es solche Kabel gibt - als Option, mit relativ einfachen Mitteln den tonalen Charakter einer Anlage aufs gewünschte Maß zu tunen.

Die Messdaten
Im Bereich der Lautsprecherkabel sind Messwerte schwieriger zu deuten als etwa bei Verstärkern oder Boxen, wo stereoplay recht aussagekräftige Messungen zur Hand hat. Klar ist, dass die ermittelten Kapazitäts- und Induktivitäts-Werte an beiden Messpunkten (1 kHz, 10 kHz) dicht beieinander liegen sollten, sonst verschiebt sich die Klangbalance zu höheren Frequenzen. Das gelingt vor allem den Kandidaten von Goldkabel, Oehlbach und ViaBlue bei den Kapazitäts- und Widerstandswerten gut, während das Nordost eine besonders hohe Isolatorgüte aufweist. Möglichst hohe Linearität sollte auch die Kabel-Impedanz auszeichnen. Außer beim Nordost steigt die Impedanz bei allen ab etwa 2 kHz stark an. Beim vergleichsweise hochohmigen Nordost (40 Milliohm) ist dieser Anstieg auf 5 kHz verschoben. Diese Hochohmigkeit muss weder Nachteil noch Vorteil sein: Das Nordost landete auf dem letzten Platz, das messtechnisch nur mäßige Silent Wire auf Platz 1.
Fazit
Auch wenn es Kabel-Skeptiker nicht wahrhaben mögen: Jedes Kabel bringt durch seinen speziellen Aufbau andere Schwerpunkte ans Ohr. Während das Nordost schnell-präzise überträgt, dafür aber weniger Substanz bietet, spielt das ViaBlue extrem satt-warm und klangfarbenstark auf, verlangsamt die Wiedergabe jedoch etwas. Mit diesen beiden Kabeln lässt sich der Anlagen-Klang tonal am stärksten tunen. Die anderen drei Kandidaten zeigten sich sehr universell und ausgewogen - vor allem das Silent Wire, das in fast allen Punkten brillierte.