Vergleichstest Kompaklautsprecher Expolinear T 100 MKJ II, Dali Mentor2, Sonics Arkadia, Visonik Concept 3 und Phonar Credo M100
Edle Kompaktboxen sind für den Massengeschmack zu teuer, stehen bei Kennern aber hoch im Kurs. Unser Test von fünf Neuzugängen macht klar, warum.

Dali Mentor 2, 2000 EuroExpolinear T 100 Mk II, 1900 EuroPhonar Credo M 100, 2500 EuroSonics Arkadia, 2400 EuroVisonik Concept 3, 1500 Euro
Man sollte die Dinge realistisch sehen: Wer die Anschaffung hochwertiger Kompaktboxen plant, will wissen, was ihn an klanglichen Reizen erwartet und ob das Objekt der Begierde mit seinen Hörgewohnheiten harmoniert oder nicht. Immerhin bekäme er fürs gleiche Geld auch Standboxen mit deutlich mehr Membranfläche und Gehäusevolumen.
Bevor Kenner der Materie abwinken nach dem Motto "wissen wir alles", wollen wir noch einmal ganz sachlich auf die Vor- und Nachteile beider Bauformen eingehen. Standboxen sind in aller Regel Drei- oder Vierwegeboxen mit eigenständigen Mitteltönern und mindestens einem, oft zwei oder drei Basstreibern. Dieses Mehr an Membranfläche und Antriebskraft bringt einen höheren Wirkungsgrad (größere Boxen sind lauter) und eine höhere Belastbarkeit. Dass deren Chassis womöglich einfacher gestrickt sind (mehr dazu später), ist an dieser Stelle nebensächlich. Was Standboxen damit auszeichnet, ist ein entspannterer Umgang mit hohen Lautstärken; die Frage ist nur, ob man die wirklich braucht. Um oder knapp über 100 Dezibel erreichen moderne Kompakte, mit 104 bis maximal 112 Dezibel können Standboxen-Käufer rechnen; im Schnitt sind es 6 bis 8 Dezibel, die beide Bauformen trennen. Deutlich hörbar und für viele Anwender dennoch akademisch. Viele Musikfreunde können ihrer Nachbarn wegen gar nicht so laut hören, anderen ist derartige Kraftmeierei schlicht unangenehm. Zum intensiven, unangestrengten Hören - der Volksmund nennt es gehobene Zimmerlautstärke - reichen 80 bis 85 Dezibel (messtechnisch wie alle Angaben auf 1 Meter Entfernung bezogen), und die schaffen Kompakte allemal. Doch kleine und große Boxen trennt mehr als der schiere Schalldruck. Der gesamte Klangcharakter ist anders. Deshalb sind die Rubriken in der Rang & Namen-Liste getrennt, die Punktezahlen nur bedingt kompatibel, damit niemand Äpfel mit Birnen vergleicht. Schwäche Nummer 2, die Kompaktboxen immer wieder angehängt wird, ist mangelndes Tiefbasstalent. Doch auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Entscheidend für die untere Grenzfrequenz ist weniger die Boxengröße als die Relation zwischen Membranfläche und Volumen, auch die Auslegung der Schwingsysteme spielt eine Rolle. Da das Volumen bei Standboxen in der Regel deutlich mehr Membranfläche kontrollieren muss, schaffen Säulen nicht zwangsläufig mehr Tiefgang. Nur sehr große Exemplare erreichen Werte unter 40 Hertz, oft ist bei 50 Hertz Feierabend; Kompaktboxen kommen je nach Auslegung ähnlich weit runter. Für wirklichen Tiefbass sind beide Bauformen auf Subwoofer angewiesen, die weitaus elegantere Methode für die ganz großen Gefühle. Andererseits haben Kompakte auch eine Reihe von Argumenten auf ihrer Seite, die hier in einem separaten Unterbericht dargestellt sind. Die Detailbeschreibungen und Tests unserer fünf Kandidatinnen, haben wir der Fairness halber in alphabetischer Reihenfolge angeordnet.
Hörspaß war reichlich geboten, und um gleich nochmal auf die eingangs diskutierten Einschränkungen zurückzukommen: Keine Box hatte Mühe, den gut bedämpften (sprich: schalldruckhungrigen) Hörraum anzuschieben, was noch vor fünf oder zehn Jahren bei Kompaktboxen keineswegs selbstverständlich war. Wie immer mussten alle Kandidatinnen gegeneinander antreten und sich Vergleiche mit erprobten Siegern aus früheren Tests gefallen lassen. Deshalb standen sowohl die Dynaudio Focus 110 (1200 Euro, 45 Punkte, stp 9/05) als auch die beliebte B&W 805 S (2500 Euro, 48 Punkte, stp 10/05) bereit.
Fazit:
Vorbei die Zeiten, als man Kompaktboxen jedweder Couleur an dicklichen Pseudobässen erkannte, als Besitzer kleiner Boxen großorchestrale Werke am Lautstärkeregler zurechtstutzen mussten, weil die Tutti das Leben der Schwingspulen gefährdeten. Moderne Chassis vertragen komplexere Signale, die mechanisch möglichen Auslenkungen lassen sich weit besser nutzen. Selbst die von den Abmessungen her kleinste Box, die Phonar, klingt ausgesprochen souverän, vor allem aber wunderbar homogen und detailreich. Eher was für den ruhigen Geschmack ist die feinsinnige Expolinear, bei der Freunde tiefer Bässe voll auf ihre Kosten kommen. Dali und Visonik sind ausgesprochene Muntermacher, wobei die Dali schwelgerischer und ausladender, die Visonik sachlicher und konzentrierter spielt. Doch alle vier finden ihren Meister in der eigenwilligen Sonics, die zwar so groß ist, dass sie in kein Regal mehr passt, die aber auch wirklich "groß" klingt.