Standlautsprecher

Canton Vento 90 im Test

9.2.2022 von Marius Dittert

Mit Messwerten, die fast schon Vorbildcharakter besitzen und einer im besten Sinne neutralen Wiedergabe beweist die Canton Vento 90 im Test audiophile Ambitionen.

ca. 4:00 Min
Testbericht
VG Wort Pixel
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Die Canton Vento 90 ist einer der besten Lautsprecher aus ihrem Testfeld.
© Canton

Pro

  • praller Klang voller Details
  • gleichmäßige Verteilung des Klangs
  • sehr gute Verarbeitung

Contra

Fazit

Das stereoplay-Gesamturteil: 83 Punkte; Preis/Leistung: überragend

Für ihre Vento-Baureihe benutzt Canton den Begriff „Premium-Lautsprecherserie“. In der Werbesprache wird der nicht geschützte Begriff „Premium“ immer dann benutzt, wenn ein Hersteller unter Beweis stellen möchte, dass eine seiner Produktlinien von besonderer Qualität ist. Wird diese optisch und technisch überholt, schafft das nicht geringe Erwartungen – so auch beim Autor, der sich mit dem zweitgrößten Speaker der neun Modelle umfassenden Range näher befassen durfte, der Vento 90 für 3800 Euro Paarpreis.

Zwei Dinge fallen dem HiFi-Freund bei der Beschäftigung mit der stattlichen Dreiwege-Bassreflex-Konstruktion ins Auge: Das Gehäuse mit den markant geschwungenen Seitenwänden, ferner die beiden Bässe und der Mitteltöner mit den optisch durchgängigen, silberfarbenen Membranen. Werfen wir zunächst einen Blick auf das aufwendige Mehrschicht-Laminat-Gehäuse, das an vielen relevanten Stellen mehrfach versteift und grammgenau bedämpft wurde.

Der Korpus aus nicht parallelen Wänden ist nicht nur teurer in der Herstellung; Canton hat ihn für die aktuellen Vento-Ausgaben auch weiter nach hinten ausgedehnt – und zwar im Verhältnis 1:1,2, gemessen an den Vorgängermodellen. Das schafft mehr Volumen für tiefere Bässe und sorgt gleichzeitig für bessere Strömungsverhältnisse in der Box, im Port und somit auch an der Sockelkonstruktion. Diese haben die Weilroder, nebenbei bemerkt, ebenfalls überholt: Ihre vier Metallkegel rutschen von außen betrachtet mehr nach innen, was die Vento 90 optisch fast etwas schweben lässt.

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Die auf Korkplättchen ruhende Weiche sorgt für den Hoch- und Mittelton für eine Filterung 4. Ordnung. Der Bass-Übergang erfolgt als 12-dB-Übernahme.
© Canton

Aufwendige Membrane

Im Zuge der Generalüberholung der gesamten Vento-Baureihe verpasste Canton-Chefentwickler Frank Göbl dem hochsoliden und 30 Kilogramm schweren Wandler hochwertigere Double-Cone-Membrane aus Titanium und Graphite. Diese entstehen in einem aufwendigen chemisch-mechanischen Prozess und sind laut Göbl rund 20 Prozent steifer als die in den günstigeren Canton-Serien eingesetzten Membrane aus Titanium und Alu.

Zudem verfügen sie über höhere innere Dämpfung. Die 192 Millimeter durchmessenden Basstreiber und der 17,4-Zentimeter-Mitteltöner arbeiten mit dreifach gefalteteten Wave-Sicken, die Canton ursprünglich für ihre Subwoofer entwickelt hatte. Sie sorgen insbesondere bei größeren Hüben für ein ausgewogenes Zugkräfteverhältnis nach innen und außen, was dazu führt, dass die Magnet-Antriebe immer schön linear arbeiten. Optimieren sollen den Klang auch die stabilen Körbe aus Glaskugel-bedämpftem Polycarbonat.

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Die Downfire-Reflex-Öffnung, die auf eine Bodenplatte arbeitet, bringt unter anderem eine gleichmäßigere Ankopplung tiefer Töne an den Hörraum.
© Canton

Sowohl die Tief- als auch der Mittel- und Hochtöner sind hinter Alu-Zierringen montiert, sodass man ihre Befestigungschrauben nicht zu sehen bekommt. Das sorgt auf der hochglanz-lackierten Schallwand für einen schön cleanen Eindruck. Bei dem erwähnten Hochtöner handelt es sich übrigens um einen „alten Bekannten“ aus dem Hause Canton: eine hochwertige 25-Millimeter-Kalotte aus Aluminiumkeramikoxid, die laut Angaben der Hessen Frequenzen bis zu 40 Kilohertz übertragen kann.

Was kann der Chronist über die sehr sauber gefertigte Vento 90 außerdem berichten? Zum einen klangoptimierte Stoffabdeckungen, zum anderen das von der Reference-Baureihe abgeleitete Anschlussfeld. Im Vergleich zur vorherigen Vento-Modellreihe verfügt das neue Terminal über feinere Gewinde und aus dem vollen gedrehte Buchsen und Gewinde aus besonders leitfähigem Material. Last, but not least ein paar Worte zu den wirklich beeindruckenden Messwerten der Canton.

Kurz zusammengefasst kann man die große Klasse der Vento 90 ganz einfach so kommentieren: Messtechnisch war sie bei Weitem die neutralste und am besten durchzeichnende Box in diesem Testfeld. Zu den weiteren Stärken kommt der Tester jetzt im abschließenden Hörtest.

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Die Canton Vento 90 trifft den Grad zwischen Offenheit, Detailreichtum und sonorer Musikalität ganz genau.
© Canton

Praller Klang

Um aus der aktuell nur in Highgloss-Schwarz oder -Weiß erhältlichen Hessin herauszukitzeln, ob auch ihre musikalischen Fähigkeiten das Prädikat „Premium“ verdienen, verbandelten die Tester sie mit dem super-souveränen Vollverstärker Luxman L-590-X sowie dem hochneutralen SACD-Spieler Technics SL-G700.

Das Ergebnis war angesichts eines Listenpreises von „nur“ 3800 Euro ein veritabler Hammer und erinnerte nicht nur phasenweise an richtig großes HiFi: So beeindruckte die Vento 90 ein ums andere Mal mit einem herrlich prallen, sehr großen und ebenfalls sehr belastbaren Klang voller Details. Kurze Impulse steckte sie aufreizend trocken weg und fette Synthiebässe, wie sich auf dem Dance-Klassiker „Your are the One“ im Paul-Hardcastle-Remix finden (Hardcastle Rare Grooves), schob sie derart druckvoll, aber konturiert in Richtung Hörer, dass es eine Pracht war.

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Die geschwungenen Seitenwände sollen stehende Wellen im Gehäuse mindern. Der Klang der hochwertigen Chassis kommt so unverfälschter beim Hörer an.
© Canton

Am meisten faszinierte die Testredakteure aber die Tatsache, dass die Canton-Box trotz ihrer straighten Abstimmung im Mittelhochtonbereich just jenen Grad an Geschmeidigkeit an den Tag legte, den man als audiophil veranlagter Mensch eigentlich immer sucht. Details verschluckte die grundehrliche Vento 90 deswegen aber ganz und gar nicht.

Im Gegenteil: Man konnte mit ihr tief in eine musikalische Konserve und deren akustische Begleitumstände eintauchen: Bei Mozarts Klavierkonzert Nr. 15 mit der Academy of St. Martin in the Fields und Alfred Brendel (Philips) war ganz eindeutig zu hören, dass der Solist bei seinem ersten Einsatz nach dem Orchestervorspiel wahrscheinlich so in der Musik gewesen sein musste, dass er, ganz ohne es zu merken, leise, aber vernehmlich mitsummte (Minute 1:50).

Das Notenrascheln, das der Solist oder ein Orchestermusiker bei Minute 2:27 auslöste, war dem Berichterstatter vorher auch nie aufgefallen. Aufgrund ihrer geradlinigen Gangart und der sehr gleichmäßigen Art und Weise, wie sie Schall im Hörraum verteilt, macht übrigens nur moderates Einwinkeln auf den Sitzplatz Sinn. Im Bass dickte die Canton zwar keineswegs auf, spielte in diesem Frequenzbereich aber sehr bandbreit und substanziell. Auf wandnahe Aufstellung sollte man daher besser verzichten.

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Die Canton Vento 90 macht sich auch in weiß gut.
© Canton

Fazit

Wenn es auch „der Job des Testers ist, Erbsen zu zählen und sie einzeln mit der Schublehre zu vermessen“ (Roland Kraft), kommt man beim besten Willen nicht umhin, der neuen Vento 90 für ihre durchgehende Material- und Verarbeitungsgüte sowie ihre audiophilen Klangqualitäten attestieren zu müssen, dass sie ein Premium-Lautsprecher par excellence ist. Bei Canton scheint „Premium“ erfreulicherweise mehr als ein schnöder Werbeslogan zu sein.

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