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Ausbau und Modernisierung

Top-Empfang im Zug mit Mobilfunkdurchlässigen Scheiben

Autor: Redaktion connect mit Unterstützung der DB • 28.10.2025 • ca. 2:50 Min

Mit mobilfunkdurchlässigen Scheiben sorgt die Deutsche Bahn dafür, dass die Signale der an den Bahnstrecken ausgebauten Mobilfunknetze auch in den Zügen und bei ihren Fahrgästen ankommen.Es war ein klassisches Dilemma: Die Scheiben in ICEs und anderen Zügen sind metallbedampft, damit sie das In...

Mit mobilfunkdurchlässigen Scheiben sorgt die Deutsche Bahn dafür, dass die Signale der an den Bahnstrecken ausgebauten Mobilfunknetze auch in den Zügen und bei ihren Fahrgästen ankommen.

Es war ein klassisches Dilemma: Die Scheiben in ICEs und anderen Zügen sind metallbedampft, damit sie das Innere vor Erwärmung durch Sonneneinstrahlung schützen. Die hauchdünne Metallschicht schirmte aber auch Mobilfunksignale ab. Ohne aufwendige Repeater-Technik kommt nur ein Promille der außerhalb des Zugs ausgesendeten Funkwellen bei den Passagieren an.

Doch clevere Ingenieure fanden für dieses Problem eine überzeugende Lösung: Um die Scheiben für Mobilfunksignale durchlässig zu machen, muss die elektrische Leitfähigkeit der Metallschicht unterbrochen werden, ohne dass es die Wärmeisolation verringert.

Dazu werden mit einem Laser präzise feine Linien in die Metallschicht der Scheibe eingearbeitet. Dabei entsteht ein nur wenige Millimeter breites Raster, das den isolierenden Wärmeschutz praktisch nicht mindert, aber die Mobilfunkdurchlässigkeit auf das Niveau einer Klarglasscheibe anhebt.

Was die Funktürme neben der Strecke an Sendeleistung abstrahlen, kommt dann auch wirklich bei den Fahrgästen im Zug an. Und: Die so eingearbeitete Struktur ist selbst bei genauem Hinsehen mit bloßem Auge kaum erkennbar.

Die Vorteile sind so überzeugend (siehe Aufzählung), dass die Deutsche Bahn ihre Fernzüge mit mobilfunkdurchlässigen Scheiben aus- beziehungsweise nachrüstet.
Die Vorteile sind so überzeugend (siehe Aufzählung), dass die Deutsche Bahn ihre Fernzüge mit mobilfunkdurchlässigen Scheiben aus- beziehungsweise nachrüstet.
© Deutsche Bahn AG
  • etwa ums Hundertfache verbesserte Mobilfunk-Signaldurchlässigkeit
  • deutlich gesteigerte Kundenzufriedenheit
  • mechanische Eigenschaften der Scheibe bleiben unverändert
  • thermische Eigenschaften der Scheibe praktisch unverändert
  • Wartungsaufwände und Ausfallzeiten signifikant reduziert

Nachrüstung läuft auf Hochtouren

Die Vorteile sind so überzeugend, dass die Deutsche Bahn ihre Fernzüge auf diese Weise mit mobilfunkdurchlässigen Scheiben aus- beziehungsweise nachrüstet. Neue Züge wie der ICE 3neo und der ICE L werden schon ab Werk mit derartigen Scheiben ausgestattet. Bestandsfahrzeuge macht die DB Fernverkehr bei Instandhaltungsmaßnahmen oder auch zu separat angesetzten Terminen nachträglich mobilfunkdurchlässig – ein Pilotprojekt startete schon 2022, mittlerweile läuft die Nachrüstung auf Hochtouren.

Nachrüstung im  laufenden Betrieb: Das Lasern  der Scheiben  kann bei Instandhaltungsmaßnahmen oder  separat erfolgen.
Nachrüstung im laufenden Betrieb: Das Lasern der Scheiben kann bei Instandhaltungsmaßnahmen oder separat erfolgen.
© Pulsaart by AGC

Die fürs Lasern genutzten Anlagen sind relativ kompakt und stellen keine speziellen räumlichen Anforderungen. Sie lassen sich also gut in den Werkshallen der DB einsetzen, in denen die Wartungsarbeiten stattfinden. Außerdem sind die erforderlichen Arbeiten relativ schnell erledigt: Ein Doppelstockwagen lässt sich innerhalb einer Werksschicht bearbeiten.

Zu den zahlreichen Vorteilen dieser Lösung gehört auch Nachhaltigkeit: Die gelaserten Fensterscheiben sind passive Elemente; somit verursachen sie keine laufenden Betriebskosten, funktionieren nach der Umrüstung wartungsfrei und verbrauchen nicht einmal Strom – ganz im Gegensatz zu den vorher eingesetzten Mobilfunk-Repeatern, die nun außer Betrieb genommen werden.

Sorgfältige Kontrolle: Im Anschluss an das  Lasern der Scheibe kontrolliert ein Mitarbeiter das Ergebnis visuell.
Sorgfältige Kontrolle: Im Anschluss an das Lasern der Scheibe kontrolliert ein Mitarbeiter das Ergebnis visuell.
© Deutsche Bahn, Doninic Dupont

Funktechnisch viele weitere Vorteile

Bei genauerem Hinsehen überzeugen die mobilfunkdurchlässigen Fenster mit einer ganzen Reihe weiterer Vorteile: Sie lassen alle relevanten Mobilfunkfrequenzen passieren – sowohl im Lowband (600 MHz bis 1 GHz) als auch im Midband (1 bis 6 GHz). Im Highband (ab 24 GHz, auch als Millimeter- Wellen bezeichnet) reichen die Signale ohnehin nur wenige hundert Meter, weshalb sie sich zur Versorgung von Zügen kaum eignen.

Zudem ist diese Lösung völlig transparent für den verwendeten Mobilfunkstandard – ob 2G, 4G, 5G oder in einigen Jahren 6G ausgestrahlt wird, macht für signaldurchlässige Scheiben keinen Unterschied.

Clevere Lösung: Durch das Lasern der in der Mitte des Scheibenaufbaus  angebrachten Metallschicht wird die Mobilfunkdurchlässigkeit erheblich  verbessert, während die thermische Isolation unverändert erhalten bleibt.
Clevere Lösung: Durch das Lasern der in der Mitte des Scheibenaufbaus angebrachten Metallschicht wird die Mobilfunkdurchlässigkeit erheblich verbessert, während die thermische Isolation unverändert erhalten bleibt.
© WEKA Media Publishing GmbH

Dasselbe gilt für die Versorgung durch die jeweiligen Mobilfunkanbieter – durchgelassen wird alles, was sie außerhalb des Zugs ausstrahlen. Jeder Fahrgast nutzt also während der Bahnfahrt ganz normal sein Endgerät – oder auch mehrere – samt seines zugehörigen Mobilfunktarifs.

Darüber hinaus gibt es keine Probleme durch Interferenzen, und auch das in modernen Mobilfunkstandards wie 5G genutzte "Massive MIMO" (gleichzeitige Ausstrahlung und gleichzeitiger Empfang von Funksignalen über viele einzelne Signalwege) funktioniert ohne Einschränkungen. Damit sind die gelaserten Scheiben zukunftssicher – für künftige Mobilfunkangebote wie 5.5G oder 6G muss daran nichts mehr verändert werden.

Mobilfunk oder WLAN – Fahrgäste haben die Wahl

Während Mobilfunk-Repeater durch die gelaserten Scheiben ersetzt werden – und auch gar nicht gleichzeitig zum Empfang der Außen-Signale betrieben werden können –, hat die Mobilfunkdurchlässigkeit der Zugfenster auf die WLANVersorgung in den Zügen keinen Einfluss. Somit haben die Fahrgäste die Wahl, ob sie mit ihrer eigenen Mobilfunkverbindung online gehen wollen oder ob sie sich im Zug-eigenen WLAN anmelden.

Insbesondere Nutzer, die einen leistungsfähigen Tarif bei einem starken Mobilfunkanbieter gebucht haben, werden auf Zugreisen davon in Zukunft stärker profitieren können als bisher – und das sind wirklich gute Nachrichten.