Mehrdimensionaler Klang im Auto
Dolby Atmos im Mercedes Benz: Neue Ära des Infotainment
Für Heimkinofans (fast) schon ein alter Hut, im Auto brandneu: Dolby bringt in den Topmodellen von Mercedes Benz Klang in eine neue Dimension.

Der Trick dabei sind Lautsprecher im oberen Fahrzeugbereich, die das Klangerlebnis von den typischen Türeinbauplätzen lösen und den Hörer wortwörtlich einhüllen. Um zu zeigen, wie gut das klappen kann, luden Dolby und Mercedes zunächst zu den MSM-Studios nach München ein. Hier bereiten Toncracks die einzelnen Tonspuren für Dolby Atmos auf, ordnen sie im Raum an und erschaffen so aus dem Stereoklangbild ein mehrdimensionales Klangkunstwerk. Im Fall von Elton Johns „rocket man“ stand die Stimme wie festgemauert vor dem Hörer, während sich das musikalische Geschehen drum herum so im Raum verteilte, dass Musikhören auf einmal zum Erlebnis wurde.
31 Lautsprecher perfekt abgestimmt
Na ja, mit Studioequipment im perfektioniertem Raum sollte das auch gelingen, könnte man meinen. Also mussten im zweiten Schritt ein Mercedes EQS und ein Mercedes Maybach S-Klasse zeigen, was in einer Fahrzeugkabine möglich ist. Als vorteilhaft erweist sich hier, dass die Tontechniker von Anfang an wissen, wo welcher der sage und schreibe 31 Lautsprecher im Maybach sitzt und so Laufzeiten wie auch Equalizing punktgenau abstimmen können.
Sechs Lautsprecher ordnet Mercedes in seinem Burmester-System, der Basis für die Atmos-Welt, oberhalb der Türlinie im Dachhimmel und den Säulen an. Im Maybach darf es grundsätzlich von allem etwas mehr sein. Da wird quasi der Kaviar noch getrüffelt und so ergänzen zum Vorstoß in die vierte Dimension zwei Körperschallwandler den Basseindruck, der sich im Studio durch gigantische Membranflächen einstellt. So hört die Soundanlage alsdann auf den Namen Burmester High-End-4D-Soundsystem.
Offenbarung für Musikfans
Das Probehören wurde trotz höchster Erwartungshaltung dann zur Offenbarung für Musikfans. Das System hüllte uns einerseits ein, ließ das Ohr Klangeffekten in jede Richtung folgen, positionierte Elton John, der auch hier singen durfte, direkt vor dem Hörplatz – sogar dort, wo ausnahmsweise gar keine Lautsprecher sind. Die Imagine Dragons stiegen in die untersten Bassetagen hinab und trafen dort auf Yello, die zeigen durften, wie knackig Bass sein kann und dass Yellosound wohl Jahrtausende übersteht.
Ich kann mich nicht erinnern, jemals im Auto besser Musik gehört zu haben und fühlte mich in eine Zeit zurückversetzt, als vier Subwoofer mit je 38 Zentimetern Durchmesser im Kofferraum für Druck sorgten. Da gab’s Yello auch schon. Und trotzdem war mir der Klangeindruck im EQS, der auf die Körperschallwandler (Exciter) verzichtet, im direkten Vergleich lieber. Da hier die Bässe im Fußraum vorne statt in den Schwellerleisten loslegen, wirkte alles nochmals direkter und noch treibender – aber dies zugegebenermaßen subjektiv auf gleichem Level wie die Frage, ob 1981 oder 1986 der bessere Jahrgang des Chateau Petrus sind.


Weitere Mercedes-Modelle folgen
Ob die Preisfrage im gezeigten Mercedes-Umfeld (den EQS 580 gibt’s ab 135.000 Euro, den Maybach ab 167.000 Euro) überhaupt gestellt werden darf, sei dahingestellt, aber die Antwort liefern wir gerne: Das Burmester-System im EQS steht mit 1.430 Euro, das Burmester High-End-4D-System im Maybach mit 6.450 Euro in der Preisliste. Im ersten Fall ist es die deutlich bessere Investition als beispielsweise in die Farbe Selenitgrau (2.154 Euro), im zweiten Fall für uns klar empfehlenswerter als die 21 Zoll großen Schmiederäder (6.485 Euro).
Wer gerade keine gut 100.000 Euro übrig hat, um sich eine adäquate Hülle rund um das Dolby-Atmos-System zu bestellen, wird Freude an der Info haben, dass Atmos auch in den weiteren Modellreihen von Mercedes Einzug halten soll. Derzeit heißt’s aber noch Geduld bewahren und Soundsessions beim Mercedeshändler abhalten: Liefertermin soll Mitte 2022 sein.