Huawei P30 im Test
Mehr zum Thema: HuaweiDas Schwestermodell des Huawei P30 Pro legt zwar einen weniger spektakulären Auftritt hin. Im Test entpuppt sich das Huawei P30 aber als kompakter Allrounder ohne große Schwächen.

In Puncto Kamera ist das Huawei P30 der Konkurrenz zwar nicht so weit voraus wie das Huawei P30 Pro, es spielt aber noch um die vorderen Plätze mit. Eine TOF-Kamera fehlt und statt eines quer eingebauten 5fach-Zoom muss ein 3fach-Zoom (80 Millimeter, 8 Megapixel) reichen. Flankiert wird der Zoom vo...
In Puncto Kamera ist das Huawei P30 der Konkurrenz zwar nicht so weit voraus wie das Huawei P30 Pro, es spielt aber noch um die vorderen Plätze mit. Eine TOF-Kamera fehlt und statt eines quer eingebauten 5fach-Zoom muss ein 3fach-Zoom (80 Millimeter, 8 Megapixel) reichen. Flankiert wird der Zoom von einer Ultra-Weitwinkel-Optik mit 16 Megapixel (17 Millimeter) und einer Weitwinkel-Optik mit 40 Megapixel (27 Millimeter).
Einen ähnlichen Aufbau kennt man bereits von dem im Oktober 2018 vorgestellten Mate 20 Pro. Die Qualität von Ultra-Weitwinkel-Aufnahmen wurde im Vergleich dazu deutlich verbessert, Lensflares treten weniger auf, in den Randbereichen sind die Verzerrungen und Detailverluste nicht mehr so ausgeprägt. Auch die Standard-Brennweite und die Zoom-Optik wurden aufgewertet. Die Bildqualität ist also Spitzenklasse, was bedeutet: Für 750 Euro bekommt man eine Kamera, die es qualitativ mit einem iPhone XS aufnehmen kann und die zudem dank Weitwinkel und Dreifach-Zoom einen größeren Brennweitenbereich (17-80 Millimeter) abbildet.
Hinzu kommt ein Nachtmodus, der bereits auf der P20-Serie im letzen Jahr für Furore sorgte und auf den Nachfolgern noch einmal verbessert wurde. Die P30-Modelle sehen mehr im Dunkeln als die meisten anderen Smartphones. Verantwortlich dafür ist neben verbesserten Algorhitmen auch ein neuer Bildsensor (Huawei nennt ihn „Superspectrum"), bei dem der Bayer-Filter, der quasi seit Jahrzehnten definiert, wie Farbinformationen verarbeitet werden, weiter entwickelt wurde. Huawei hat hier ein ganz großes Fass aufgemacht und in der klassischen Rot-Grün-Blau-Matrix Grün durch Gelb ersetzt, weil diese Farbe ein größeres Spektrum hat, was im Endeffekt die Lichtausbeute für den Sensor erhöht. Dieser Aufwand hat sich gelohnt, so viel ist schon mal sicher.

Das Phone kippelt auf dem Tisch
Das herausragende Kamerasystem hat allerdings einen Nachteil: Sowohl beim P30 als auch beim P30 Pro steht die Optik fast zwei Millimeter aus dem Gehäuse. Und weil Huawei sie nicht mittig auf der Rückseite positioniert (wie beim Mate 20), sondern in einem Streifen rechts, kippeln die Phones, wenn sie auf dem Tisch liegen. Bei Samsungs S10-Modellen harmoniert die Triple-Optik besser mit dem Gehäuse. Bei Huawei schafft nur eine Schutzhülle Abhilfe. Die gehört allerdings nicht zum Lieferumfang.
Bei der neuen P-Serie liegen nur wenige Zugaben im Karton: einfache Ohrstöpsel, Netzteil und USB-Kabel. Einziger Lichtblick: Beim P30 ist auf dem Display bereits ab Werk eine Schutzfolie aufgeklebt. Das Phone wird in Deutschland mit 128 GB für 749 Euro verkauft und bewegt sich damit auf einer Höhe mit dem Galaxy S10e. Das P30 Pro ist mit 999 Euro (128 GB), beziehungsweise 1099 Euro (256 GB) deutlich teurer. Beide Modelle sind mit einem hybriden Steckplatz ausgestattet, der entweder eine zweite SIM-Karte oder eine Speicherkarte schluckt; allerdings keine Micro-SD, sondern Huaweis proprietäre Nano Memory Card.

Die rechtsseitige Anordnung der Optik übernehmen die P30-Modelle von den Vorgängern, auch das übrige Design mit Glasrückseite und eloxiertem Aluminiumrahmen orientiert sich daran. Haptik und Verarbeitung sind einmal mehr exzellent. Beim Rahmen haben die Designer ganze Arbeit geleistet: Er ist an den langen Seiten ergonomisch gerundet. Die kurzen Seiten oben und unten wurden dagegen so plan geschliffen, dass man das Gerät senkrecht aufstellen kann.
Im direkten Vergleich wirkt das Pro mit dem gerundeten Display moderner als das P30. Das ist im Gegenzug für einen 6,1-Zöller erfreulich kompakt, weil das Display überall an den Rand reicht. Huawei verzichtet allerdings auf eine IP68-Zertifizierung (stattdessen IP53), was wir für einen Fehler halten. In dieser Preisklasse kann der Kunde erwarten, dass sein Phone auch einen kurzen Tauchgang übersteht. Das P30 Pro ist entsprechend gerüstet.

Display mit Einkerbung
Im Gegensatz zu Samsung und anderen bleibt Huawei der Notch treu, es gibt also eine Einkerbung am oberen Rand für die Frontkamera. Die ist allerdings tropfenförmig und so klein, dass wir gegenüber den direkt ins Display gestanzten Frontkameras (S10 oder Honor View 20) keine Nachteile erkennen können. Auch beim Wettlauf um die höchste Auflösung machen die Chinesen nicht mit.
Das 6,1 Zoll große Panel bietet mit 2340 x 1080 „nur“ eine Full-HD-Auflösung im gestreckten 19,5:9-Format, während Samsung und LG in ihrer Oberklasse standardmäßig auf Quad HD setzen. Dabei ist der Unterschied zu Full HD mit dem Auge nicht zu erkennen. Das OLED ist qualitativ nicht weit von Samsungs Galaxy S10+ entfernt, Leuchtkraft und Blickwinkelstabilität fallen nur leicht dahinter zurück. Unterm Strich bewegt sich das P30 im guten Mittelfeld. Unter dem Display werkelt Huaweis Top-Prozessor Kirin 980, der mit seinem neuronalen Rechenkern für maschinelles Lernen zu den modernsten seiner Klasse gehört. Er wird von 6 GB RAM flankiert – bei der Performance macht dem Smartphone also keiner was vor.
Der Fingerabdrucksensor ist direkt im Display integriert, was Platz spart und eine geschlossenere Bauform erlaubt. Hier unterscheidet man zwei Technologien: Eine optische Abtastung der Haut per Lichtsensor und eine per Ultraschall, bei der ein hochfrequenter Schallimpuls in Richtung Finger gesendet wird. Die Abtastung per Ultraschall gilt als sicherer, weil ein dreidimensionales Abbild der Fingerkuppe erstellt wird. Sie funktioniert zudem auch mit nassen Händen. Samsung baut solche Sensoren im Galaxy S10 ein, während Huawei auf eine optische Abtastung setzt. Im Alltag ist ein S10 einen Tick schneller startklar als ein P30.
Alternativ kann man die Phones auch per Gesicht entsperren. Die Methode ist auf dem P30 aber nicht so sicher wie auf Apples iPhones und Huaweis Mate 20 Pro, weil die Erkennung nur zweidimensional per Kamerasensor erfolgt. Aus diesem Grunde arbeitet sie auch nicht so zuverlässig, es kommt häufiger zu Situationen, wo das Gesicht nicht erkannt wird, etwa bei schlechtem Licht oder bei einem ungünstigen Winkel. Wer auf Sicherheit großen Wert legt, lässt den „Face Scan“ deaktiviert. Für alle anderen ist die Kombination aus Gesicht und Fingerabdruck sehr bequem.

Nicht überall höchstes Niveau
Im Audiobereich hat die P-Serie traditionell Schwächen, das P30 macht hier leider keine Ausnahme. Die mitgelieferten Kopfhörer sitzen schlecht im Ohr, sodass man sie schnell und gerne gegen ein besseres Modell austauscht, was dank Klinkenbuchse kein Problem ist. Die hat allerdings eine vergleichsweise niedrige Ausgangsspannung, sodass hochwertige kabelgebundene Kopfhörer unter ihren Möglichkeiten bleiben. Der Mono-Klang über den Lautsprecher reißt auch niemanden vom Hocker, hier bieten Samsung, Google und Sony mehr.
Die Akustik beim Telefonieren ist dagegen top, hier liefert das P30 das gewohnt hohe Niveau, vor allem die Unterdrückung von Nebengeräuschen überzeugt. Auch bei den Funkeigenschaften erlauben sich die Chinesen keinen Patzer. Die Akkulaufzeit ist mit 10:13 Stunden so gut, dass man auch einen langen Tag problemlos meistert. Während beim P30 Pro ein 40-Watt-Schnellladenetzteil beiliegt, das den Akku binnen 30 Minuten zu 70 Prozent füllt, müssen sich P30-Nutzer mit einem 22-Watt-Netzteil zufriedengeben, was aber wahrlich kein Beinbruch ist. Mehr bedauern wir den Verzicht auf den Drahtlos-Ladestandard Qi, der dem Pro vorbehalten bleibt. Der sehr gute Gesamteindruck wird dadurch aber nicht nachhaltig getrübt.
Fazit
Huawei landet mit der neuen P-Serie wieder einen Volltreffer. Kamera-Enthusiasten kommen um das P30 Pro nicht herum, das abgespeckte P30 entpuppt sich als kompakter Alleskönner ohne nennenswerte Schwächen, der mit 750 Euro zudem günstig ist. Dass das Gehäuse nicht wasserdicht nach IP68 ist und der Drahtlos-Ladestandard Qi fehlt, ist zwar ärgerlich, in Anbetracht des Gesamtpaketes aber verkraftbar.