True-Wireless-In-Ears
B&W PI5 im Test: Schmeichler am Trommelfell
Das wurde auch Zeit: Bowers & Wilkins mischt endlich auch im Geschäft der kabellosen In-Ear-Hörer mit. Ein Auftritt wie ein Paukenschlag. Für den Test haben wir einen echten Preisbrecher ausgesucht.

Ein kleiner Schritt für eine Company, ein mächtiger Meilenstein im Portfolio. Bowers & Wilkins hat viele Konkurrenten vorbeiziehen lassen. Selbst kleine Hersteller trumpften mit kabellosen In-Ear-Kopfhörern auf, für die der Weltmarkt den Begriff „True Wireless“ erfunden hat. Man kann auch Bluetooth sagen.
Warum mischen die Briten erst jetzt mit? Weil sie abwarten wollten. Es ging um ehrwürdige Klangeigenschaften, die erst jetzt adäquat in die True-Wireless-Welt transferiert werden können. Zwei Modelle bietet B&W an. Das eine ist erstaunlich gehoben im Preis: 400 Euro ruft der Händler auf. Wir haben uns für das 250-Euro-Modell entschieden.
So unterscheiden sich PI7 und PI5
Der Unterschied ist da, aber es kommt auf die persönlichen Ansprüche an. Das Edelmodell sieht genauso aus wie der Verfolger. Die Unterschiede liegen in der Tiefe, in dem, was wir nicht sehen. Konkret: Der PI7 kommt in einer Hülle daher, die nicht nur Schutz bietet und Akkus lädt – sie kann auch als Bluetooth-Sender für Digital (via USB) oder Analog (via 3,5-Millimeter Klinke) eingespielte Klangdaten dienen.
Die Profis nennen es „smartes Ladecase mit Wireless-Audio-Übertragung“. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Zudem verwalten vier Mikrofone (zwei pro In-Ear, beim großen Bruder sind es insgesamt sechs) das Noise Cancelling und die Annahme von Telefonanrufen.
Der PI5 sieht fast genauso aus, wurde aber heruntergetaktet. Sinnvoll und preissensibel. Angehört haben wir uns aber beide Modelle. Unser Rat: Wer auf das vollaktive Lade/Sende-Case verzichten kann, findet beim PI5 das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.
Ein paar Abstriche muss man aber hinnehmen: Der „Kleine“ bietet zwar ebenfalls Bluetooth 5.0 mit aptX-, AAC- und SBC-Codecs, die App jedoch lässt kaum Einstellmöglichkeiten zu, sondern dient eher der Verwaltung von gekoppelten Geräten, dem Installieren von Updates und dem Deaktivieren der Tragesensorik (die erkennt, wenn man den Kopfhörer aus dem Ohr nimmt und die Musik dann pausiert). Die App bietet beim PI7 mehr, zudem verfügt dieser über noch ausgefuchstere Treiber.
Das Erscheinungsbild des B&W PI5 ist aber überaus edel. Hier zeigt sich die Klasse von B&W. In Sachen Verarbeitung und Design sind sie immer ganz vorne mit dabei. Der in Schwarz und Weiß erhältliche In-Ear wirkt sehr hochwertig, kein Vergleich zu den unzähligen 100-Euro-Plastikbombern unzähliger Hersteller.

Hörtest
Das Jubiläum naht: Vor genau 50 Jahren sind die Beatles auseinandergegangen. Mit einem starken Album: Let it be. Ein neues Mastering ist bereits angekündigt. Wir haben uns aber in die „Naked“-Version gestürzt. Das sind nicht die Säuselgesänge vom späteren Mix-Produzenten Phil Spector, sondern wirklich die kantigen Rock-Blues-Töne aus der Finalzeit der Fab-Four.
Ehrlich geht vor. Genauso muss auch ein Kopfhörer die Musik wiedergeben: ehrlich. Genau diesen Griff an die Wurzeln haben die PI5. Das Klangbild wirkt mal wieder wie aus dem Musterbuch der britischen Klangkultur. Die Mitten bestimmen den Sound. Doch keine Sorge, es gibt auch fein ziselierte Höhen und tolle Bässe.
Smooth
Hey – das klingt genauso wie ein großer B&W-Lautsprecher, nur auf wenige Kubikmillimeter reduziert. Die mächtigen Boxenbauer sind also ihrem Klangideal treu geblieben. Wieder kennt nur die englische Sprache den passenden Begriff: „smooth“. Wollte man das auf Deutsch formulieren, müsste man am besten sagen: ein Mix aus Samt und Dynamik. Diese Grundhaltung taugt für Hard Rock ebenso wie für Klassik.
Der Bauch des Klangs
Hier haben wir Schuberts berühmtem Forellen-Quintett gelauscht. Den Chefton gibt András Schiff am Klavier vor, das Hagen-Quartett folgt (Decca). Die Aufnahme ist rauh, bewusst nicht geschönt. Der berühmte Variationssatz stellt uns vor die Frage, wie raumgreifend die Melodielinie sein kann.
Dieses Kantig-Erdenschwere muss auch ein Kopfhörer erfassen. Wird es zu leicht, ist das Ziel verfehlt. Toll, wie die PI5 sich in die Basis von Cello und Kontrabass legen. Das ist der „Bauch“ des Klangs. Die innere Stimmigkeit. Das können nur wenige In-Ears. Die meisten Konkurrenten musizieren weniger, als dass sie eine plane Fläche auslegen.
Langweilig. Dieses Verhältnis offenbart auch die Demarkationslinie zum teureren, edleren PI7. Der wirkt noch aufgeräumter, noch feiner in der Dynamik – für Klassikfreunde vielleicht sogar die bessere Wahl. Mehr Punch jedoch hat der PI5.
Fazit
Am Formfaktor soll man ihn erkennen – Bower & Wilkins hat ein charakteristisches, doch praktisches Design gefunden. 20 Stunden Musikwiedergabe sind versprochen. Klanglich sind wir auf der samtenen Seite. Das hat Druck, trägt aber nicht überdramatisch auf – alles smooth und grundehrlich.